Full text: Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt

XIX. K 10. Karl der Große und die Mohamedaner in Spanien. 313 
beizuholen. Karl erschien 778 und eroberte das Land fast bis an 
den Ebro. Vom weitern Vordringen wurde er durch einen furcht¬ 
baren Aufstand der Sachsen zurückgehalten und schwere Unfälle auf 
dem Rückzuge machten seine Obergewalt in der neugewonnenen spa¬ 
nischen Mark wieder zweifelhaft. Aber Karl's Heere wußten den 
Weg über die Pyrenäen auf's Neue zu finden. Die Saracenen 
mußten sich auf's Neue Karl's Scepter unterwerfen und wurden 
zuletzt, da sie nicht Ruhe halten wollten, aus dem eroberten Lande 
vertrieben. Spanische Christen wurden in den fränkischen Grafschaften 
angesiedelt und somit den geflüchteten christlichen Gebirgsbewohnern 
ein fester Anhalt gegeben, von dem aus sie die allmälige Wieder¬ 
eroberung des altchristlichen vaterländischen Bodens mit desto größerm 
Nachdruck und Erfolg betreiben konnten. 
In Folge des mächtigen Auftretens der Franken im nördlichen 
Spanien hatte der christliche König von Oviedo (Asturien) sich frei¬ 
willig dem oberhoheitlichen Schutze Karl's unterworfen und die 
Basken in Pampeluna und Navarra, durch die Siege der christlichen 
Waffen zur Rechten und zur Linken ermuthigt, erkannten ebenfalls 
Karl als ihren Oberherrn an, indem sie sich anfchickten, auch ihrerseits 
das arabische Joch abzuwersen. Die Inseln selbst, die Balearen, Sar¬ 
dinien und Corsiea, wandten sich an Karl, um mit Hülfe fränkischer 
Flotten die mohamedanischen Seeräuber zu bekämpfen. Und wie Alles, 
was im Süd westen Europa's noch von christlichen Ueberresten 
da war, sich vertrauend und verlangend dein großen Frankenkönig zu¬ 
wandte, so nicht minder die Christenheit der nordwestlichen Inseln, 
namentlich Englands. Mit Karl's Unterstützung war im Jahre 800 
der angelsächsische König Ekbert von Messer, der lange als Ver¬ 
bannter am fränkischen Hofe gelebt hatte, in sein Vaterland zurückge¬ 
kehrt, hatte die Herrschaft über sein väterliches Reich angetreten und 
allmälig auch die übrigen sächsischen Königreiche seinem Scepter unter¬ 
worfen. In dankbarer Erinnerung an die durch Karl empfangenen 
Wohlthaten und Hülfe sah er ihn auch hernach noch stets als seinen 
Schutzherrn und Obern an. Karl mischte sich freifich nicht durch 
thätliches Eingreifen in die englischen Angelegenheiten, aber seine 
Stellung zu dem Sachsenvolk und zu allen seinen Unterthanen würde 
doch durch solche Anerkennung von Seiten Englands wesentlich geho¬ 
ben. Aehnliche Huldigungen wurden dem großen Frankenherrscher 
dargebracht von den schottischen und irländischen Königen, auch nach 
des feindlichen Gottfried Ermordung von dem Dänenkönig, von den 
entfernten Slavenfürsten, von den Ueberbleibseln longvbardischer und 
oströmischer Macht in Italien. Kurz, der Frankenkönig Karl ward in 
dem ganzen europäischen Theil des alten lateinischen Römerreichs und 
noch weit über dessen Grenzen hinaus als der allgemeine Oberherr und 
Schirmvogt angesehen und begrüßt. Es fehlte nur noch der Titel,
	        
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