III. §. 4. Unglaube und sittliches Verderben der Aegypter.
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§. 4. Unglaube und sittliches Verderben der Aegypter.
Haben wir bisher den Glanz und die Größe Aegyptens uns
vorgestellt, deren Nichtigkeit ihnen Gott der Herr durch den Eintritt
Joseph's vor Augen gerückt hat, so müssen wir jetzt die Kehrseite
in's Auge fassen, das sittliche Verderben, durch welches die Aegypter
das Strafgericht Gottes herauöforderten. Wie tief die Sittlichkeit
unter den Nachkommen Ham's auch in Aegypten gesunken sein muß
namentlich in Bezug auf die geschlechtlichen Verhältnisse, tritt uns
gleich bei der ersten Begegnung des Gottesmannes Abraham mit
den Bewohnern Aegyptens entgegen. Er kommt als Gast in's Land,
und statt durch die Heiligkeit des Gastrechts gesichert zu sein, muß
er den Tod fürchten. Warum? Weil die Aegypter — welche ent-
entsetzliche Geilheit!— ihn um seiner schönen Frau willen nicht leben
lassen würden. Und diese ungescheute Befriedigung der wollüstigen
Begierden geht bis an den Hof des Pharao hinauf. Die Sara
wird als ein schönes Weib vor ihm genannt: gleich läßt er ohne
Rücksichten und Umstande, als müßte es nur so sein, die Sara an
seinen Hof holen. Und machte nicht Joseph dieselbe Erfahrung an
den Frauen? Kann man sich eine größere Schamlosigkeit denken, als
die frechen Zumuthungen, welche die vornehme Frau des Po tip Hera
an ihren fremden Sklaven stellte? Aus anderweitigen schriftlichen
Zeugnissen und steinernen Bildwerken empfangen wir eine große Zahl
von Beweisen, daß diese Schamlosigkeit der Weiber und Geilheit der
Männer alle Schichten der Bevölkerung durchdrang. — Woher hät¬
ten sie auch einen sittlichen Halt und Zügelung ihrer Begierden neh¬
men sollen? Den wahrhaftigen Gott, den Schöpfer Himmels und
der Erden, hatten sie, wie wir schon sahen, lange verloren. Ihr
Gott Ra und Ptha oder Kneph und Ammon war nur noch eine
farblose Erinnerung an das höchste Wesen, das über aller Materie
steht. Dagegen hatten sie ihren Gottheiten einen fremden, niedrigen,
aber bei allen Hamiten wiederkehrenden Charakter aufgedrückt. Sie
hatten ihre Götter zur Versinnbildlichung der erzeugenden und ver¬
nichtenden Naturkräfte benutzt. Die Sonne ist das Leben schaffende,
befruchtende Gestirn, daruin werden die obersten Gottheiten meist mit
der Sonne zusammengestellt. Die Erde ist die empfangende und
Alles gebärende Mutter, darum werden die weiblichen Gottheiten der
Erde nachgebildet. Der glühende Wüstenwind ist der schreckliche Ver¬
derber, darum wird er als die Gottheit des Verderbens dargestellt.
So entsteht allmälig eine zusammenhängende Göttergeschichte von