Full text: Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt

578 XXV. §. 5. Preußens Herrlichkeit unter Friedrich H. ic. 
denburgischen Fürsten auf Schlesien vor, die friedlichen Verhandlun¬ 
gen über die Abtretung der beanspruchten Gebietstheile hatten nie zu 
einem Ziele geführt, Oestreich würde die herrliche Provinz niemals 
freiwillig herausgegeben haben, schon oftmals war von Waffengewalt 
die Rede gewesen — jetzt nun, da die jugendliche Maria There¬ 
sia die Regierung in den östreichischen Erblanden antrat, da von allen 
Seiten sich Ansprüche an das östreichische Haus und Gebiet erhoben, 
jetzt war die Zeit da, wo der entscheidende Schlag geschehen mußte, 
und Friedrich zögerte keinen Augenblick, ihn zu führen. Man weiß, 
wie es ihm gelang; wie durch die Schlachten von Mollwitz, spä¬ 
ter von Hohenfriedberg, Sorr und Kesselsdorf im ersten 
und zweiten schlesischen Kriege ganz Schlesien Friedrich's Eigen¬ 
thum, eine der werthvollsten Perlen der preußischen Monarchie und 
die breite Stufe geworden ist, auf welcher Preußen sich zu eitler Gro߬ 
macht emporhob. Zwar gab es auch nachher noch Kämpfe; ja der 
eigentliche Hauptkampf um Schlesien folgte erst im siebenjährigen Kriege 
(1756—63). Da handelte es sich noch um mehr als um den Besitz 
Schlesiens. Es handelte sich um die Zulassung Preußens in die Reihe 
der großen europäischen Staaten. Weder Oestreich, noch Frankreich, noch 
Rußland wollten sie ihm zugestehen, sie wollten Friedrich wieder zu einem 
„Markgraf von Brandenburg" herabdrücken. Alle drei Staaten aber 
waren damals von Weibern beherrscht, welche mehr ihr persönlicherHaß 
gegeit den geistreichen und spottsüchtigen König als das Wohl ihres 
Staates in's Feld trieb. Die lasterhafte Tochter Peter's des Gro¬ 
ßen, Elisabeth von Rußland (1740—62), und die gemeine Mai¬ 
tresse Ludwig's XV. und Lenkerin Frankreichs, Marquise von 
Pompadour, waren beide von den beißenden Stachelreden des Kö¬ 
nigs schwer und wiederholt getroffen und hatten ihm Rache geschwo¬ 
ren. Maria Theresia aber, die sonst ehrenwerthe Herrscherin 
Oestreichs, hatte sich in ihrer gereizten Empfindlichkeit über Preußens 
aufsteigende Machtentwicklung, Friedrich's Kriegesruhm und Schle¬ 
siens Verlust so tief erniedrigt, daß sie mit der verworfenen Creatur 
Freundschaft schloß, von der damals Frankreichs Entschließungen ab¬ 
hingen. Und so erschienen denn auf den Befehl dieser drei Weiber 
ein französisches Heer am Rhein, ein russisches Heer in Ostpreußen, 
ein östreichisches an der schlesischen Grenze. .Auch Schweden, da¬ 
mals nur noch ein Vasall Rußlands, mußte seine Regimenter wiederum 
in Pommern aufmarschiren lassen, und that es gern in der Erinne¬ 
rung an die Tage und Thaten des verflossenen Jahrhunderts. Selbst 
die deutsche Reichsarmee mußte der Gemahl der Maria The-
	        
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