1501.
1505.
31. Okt.
1517.
40 Das Zeitalter der Reformation. §. 567,
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ringer Waldes wuchs Luther unter strenger Zucht heran. Da ihn sein Vater
zum Studium der Rechtswissenschaft bestimmt hatte, so wurde er in seinem
15. Jahre auf die Schule zu Eisenach gebracht und besuchte dann die Universität
Erfurt. Vier Jahre lag er hier den Studien mit allem Fleiß ob, als ihn
angstvolle Sorge um das Heil seiner Seele, der plötzliche Tod eines Freundes
und eigne Lebensgefahr bei einem schweren Gewitter zu dem Entschluß brachten,
in das Kloster zu gehen. Noch einmal ergötzte er sich mit seinen Freunden bei
heiterm Gesang, Saitenspiel und Wein, und schloß sich dann in die stille Zelle
eines Augustiner-Klosters in Erfurt ein. Hier unterzog er sich gewissenhaft allen
Pflichten und Dienstleistungen eines Bettelmönchs, aber weder die Erniedrigung
und Selbstentsagung, noch das fleißige Studium der Scholastiker vermochten den
Trübsinn seiner Seele und das angstvolle Ringen der Creatur nach einer Ver¬
einigung mit ihrem Schöpfer zu lindern; das thatenlose Leben in der einsamen
Klause begünstigte seinen Hang zum Grübeln und erhöhte seine Schwermuth und
seine Seelenleiden, bis er endlich Beruhigung fand in dem Glauben, daß der
Mensch nicht durch seine Werke, sondern durch den Glauben an
die Barmherzigkeit Gottes in Christo 'selig werde. Durch die Em¬
pfehlung des Ordensvorstehers Staupitz, der sich Luther's Vertrauen gewonnen
und ihn durch Trost unb Führung aufgerichtet hatte, kam er 1508 nach Witten¬
berg, um auf der von Kurfürst Friedrich dem Weisen neugegründeten
Universität theologische Vorlesungen zu halten. In dieseck feiner kräftigen Natur
entsprechenden Wirkungskreis entfaltete er alsbald die größte Thätigkeit; er wartete
seines Amts als Prediger und Seelsorger, er bekümmerte sich um die Angelegen¬
heiten seines Klosters, für das er 1511 eine Reise nach Rom unternahm, er
hielt Vorlesungen und befaßte sich mit wissenschaftlichen Arbeiten, die theils die
Auslegung der heiligen Schrift, theils die Bekämpfung der Scholastik und der
Werkheiligkeit zum Zweck hatten.
§. 567. Die 95 Theses. Um diese Zeit ließ Kurfürst Albrecht von
Mainz im Auftrag Leo's X. zum Bau der Peterskirche einen Ablaß feil bieten,
worin dem Käufer Vergebung der Sünden, Wiedererlangung der Gnade Gottes
und Befreiung von den Strafen des Fegfeuers zugesichert war. Albrecht, der
die Hälfte des Gewinns zog, bediente sich dazu in Sachsen des Dominicaners
Tetzel, welcher so stech zu Werke ging, daß Luther, der dadurch die wahre Buße
und das Ansehen des Beichtstuhls gefährdet sah, sich getrieben fühlte, am Vor¬
abend vor Allerheiligen 1517 an der Schloßkirche zu Wittenberg 95 Sätze
(Theses) anzuschlagen, mit dem Erbieten, sie gegen Jedermann zu vertheidigen.
In denselben bestritt er die Wirksamkeit des Ablasses ohne Reue und sprach dem
Papst das Recht ab. Andern als Bußfertigen die Absolution zu ertheilen; der
Ablaß könne nur von Kirchenstrafen befreien, nicht aber die Gnade Gottes er¬
werben. Er wies darin auf den Unterschied hin zwischen falschen Bußübungen
und wahrer Buße, zwischen äußerlichen Glaubensmeinungen und innerem Glau¬
ben, zwischen todter Werkheiligkeit und echten guten Werken. Das kühne Auf¬
treten eines Mannes, bei dem ein tiefer religiöser Ernst nicht zu verkennen war,
fand in ganz Deutschland, besonders unter der gebildeten Jugend, mächtige Theil¬
nahme, die durch die schwachen Gründe, womit Tetzel und andere Verfechter der