Object: Die Burgfrau von Ahlden (6)

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mit allerlei Flittern, Bernsteinperlen und Glaskorallen 
behängen, und durch die Risse in dem Verdeck der Wagen 
blitzte bisweilen ein funkelndes, schwarzes Auge und lag 
eme Zeitlang träumerisch auf der weiten, schneebedeckten, 
einförmigen Heidefläche. Es war eine auf der Wander¬ 
schaft begriffene Zigeunerfamilie, wie wir sie alle schon 
wohl gesehen haben, die in damaliger Zeit aber noch 
seltener als heute im nördlichen Teile unseres Vater¬ 
landes sich blicken ließen. 
Neben dem vordersten Wagen, der besser aussah als 
die übrigen und fast einem auf Rädern befindlichen 
Bretterhause glich, mit kleinen niedrigen Scheiben und 
einem Schornstein, aus dem dünner Rauch in die Luft 
stieg, ritt auf einem phantastisch ausgeputzten, ziemlich 
gutem Pferde der Hauptmann der fahrenden Gesellschaft. 
Es war ein ehrwürdig aussehender, stattlicher alter Mann 
mit weißem, wallendem Bart und eben solchem Haupt¬ 
haar, welches ihm in langen Strähnen über die kräftigen 
Schultern floß. Auch seine Kleidung war besser als die 
seiner Volksgenossen. Ein dreispitziger Hut bedeckte seinen 
Scheitel, und an seinem langen braunen Rock bemerkte 
man zwei Reihen dicker silberner Knöpfe, fast von der 
Größe eines Thalers. An den Absätzen seiner langen 
Stiefel trug er schwere silberne Sporen, deren Räder eben¬ 
falls von Thalergröße waren, und selbst die Steigbügel 
am Sattel waren aus demselben edlen Metall gefertigt. 
Daß Rock und Beinkleid an manchen Stellen zerrissen 
waren und hier die bloße braune Haut zum Vorschein 
kam, erhöhte nur noch das grotesk vornehme Aussehen 
des Reiters, bei dem sich der zur Schau getragene Reich¬ 
tum in eigenartigere Weise mit der Armut zu paaren 
schien. 
Von Zeit zu Zeit warf der Alte einen Blick durch 
die Scheiben in den Wagen, in welchem vor dem kleinen 
eisernen Ofen zwei weibliche Gestalten kauerten, das Weib 
und die Tochter des Häuptlings. Durch eine Scheide¬ 
wand war der Wagen in zwei Teile geteilt, von denen 
der eine als Schlafraum diente; wenigstens sah man
	        
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