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verleumdet worden war. Eine Stimme des Unwillens ging
durch ganz Spanien, als die Nachricht sich verbreitete, der Ent¬
decker der neuen Welt sei in Ketten zu Cadiz angekom¬
men; besonders aber nahm das gefühlvolle Herz der Königin
Jsabella an dem unverdienten Schicksale des edeln Colum-
bns innigen Antheil.
Damit er anständig am Hofe (zu Granada) erscheinen könnte,
wurden ihm 2000 Dukaten angewiesen. Er eilte dahin und fand
eine ausgezeichnet huldvolle Aufuahiue. Der Königin glänzten
Thranen im Auge, als sie des greisen Seehelden ansichtig ward
und der unwürdigen Behandlung gedachte, welche er erfahren.
Stumm und weinend warf sich Columbus vor den Stufen des
Thrones nieder und war lange unfähig, im Gefühl erlittener
Kränkung, zu reden; endlich ermannte er sich aber und stellte die
Verleumdungen seiner Widersacher in hellent Lichte dar. Fer¬
dinand und Jsabella drückten ihr Bedauern aus und ver¬
sicherten, daß das Vorgefallene ohne ihren Willen geschehen sei.
Bovadilla wurde sogleich ab gesetzt; allein nicht Colum¬
bus, der sich vergeblich auf feinen Vertrag mit dem spanischen
Hofe berief; sondern ein gewisser Don Nicolas de Ovando
wurde, statt seiner, als Statthalter nach Hayti geschickt, und
zwar unter bein Vorgeben, daß er, bei der in der Colonie nock-
herrschenden Gährung, nicht ohne Gefahr für seine Person in
dieselbe zurückkehren fionne. Lange harrte der Getäuschte verge¬
bens auf Wiedereinsetzung in seine Würde; denn seine Neigung
zu einer neueil Entdeckullgsreise konnte in seiner Seele nicht
ganz erstickt werden. Als er nach 2 Jahreil die erlittenen Krän¬
kungen etwas verschnlerzt hatte, hielt er iloch einmal um die Aus¬
rüstung eüler Flotte an, weil er vermuthete, daß zlvischen dem
festen Laude des neuen Welttheiles nnb Ostindien noch ein
großes Meer wäre, welches er zu erforschen wüilschte, um dort
etile Durchfahrt zu finben. Mit Mühe und Roth erhielt er endlich
vier kleine Fahrzeuge.