Full text: [Enthaltend Denkwürdigkeiten und Lebensbeschreibungen aus der Geschichte des Mittelalters] (Theil 3)

Rückblick. 
Rückblick. 
Das höchste Ideal (Dttos war kein anderes, als das einst der 87 
Seele Karls des Großen vorschwebte: die römisch-germa- 
nische Welt, wie sie in einer Kirche verbunden, so auch durch 
einen staatlichen Verband zusammenzuschließen, innerhalb des¬ 
selben durch christliche (Ordnungen einen dauernden Frieden her¬ 
zustellen und mit den gesammelten Kräften der abendländischen 
Christenheit das Heidentum niederzuwerfen und sich dienstbar zu 
machen. ... (Hs gelang Karl alle lokale Gewalten in dem von ihm 
beherrschten Gebiete zu vernichten; ... die Königsboten und Her¬ 
zoge, Markgrafen und Grafen waren nur Vollstrecker seines willens 
und lediglich Beamte des Reiches; . . . Die Bischöfe und Abte waren 
in gleicher weise Beamte einer Kirche, in der dem großen Kaiser 
niemand die Herrschaft zu bestreiten wagte. . . . Don seinen alten 
Stammsitzen im Mittelpunkt seiner Hauptländer beherrschte der 
Kaiser die ihm unterworfene Welt durch geschriebene Gesetze, die 
mehr als ein toter Buchstabe waren. 
Seitdem hatte sich die Lage der Dinge völlig verändert. . . . 
Abgesonderte, auf nationaler Grundlage ruhende, aber noch wenig 
befestigte Staaten hatten sich aus dem großen Ganzen herausge¬ 
bildet. Die weltliche Aristokratie hatte sich gegen das König¬ 
tum erhoben, sich mit allen provinziellen und lokalen Interessen 
verbunden und war dadurch mächtiger geworden als je zuvor; die 
Geistlichkeit mit ihren hochfliegenden, weltstürmenden Ge¬ 
danken hatte zugleich Kaiser- und Königtum weit zu überflügeln 
gesucht. Die Freiheit des niederen Mannes war herab¬ 
gedrückt, in den meisten Ländern fast vernichtet; mit ihrem Verfall 
hatte sich das Untertanenverhältnis des Volkes zum Königtum ge¬ 
lockert und nur der Lehensverband schien noch die Reiche im Innern 
zusammenzuhalten, war aber bei der an vielen Orten schon durch¬ 
gesetzten Erblichkeit der Lehen mehr für den Lehensherrn eine 
hemmende Fessel als für den Vasallen. Nicht mit dem Buchstaben 
des Gesetzes ließen sich die Staaten jetzt regieren, sondern allein 
durch Entfaltung ungewöhnlicher Machtmittel, durch persönliche 
Energie, oft nur durch Gewalt. . . . 
So blieb ©tto keine andere Wahl als auch seinen Staat we¬ 
sentlich auf den Lehensverband zu gründen und in diesen 
sogar die Geistlichkeit mehr als vordem hineinzuziehen, um in der 
geistlichen Aristokratie ein Gegengewicht gegen die weltliche zu 
gewinnen. . . . Indem er die Dienste der Vasallen — nament¬ 
lich in Bezug auf die Heeresfolge — auf das äußerste anstrengte, 
jeden Bruch der Lehenstreue gebührend züchtigte, überall per-
	        
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