Full text: [Enthaltend Denkwürdigkeiten und Lebensbeschreibungen aus der Geschichte des Mittelalters] (Theil 3)

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Geismar, [taub eine uralte Eiche, welche dem Donnergotte ge¬ 
weiht war. Hier pflegten die Einwohner zusammenzukommen 
und ihre Opfer darzubringen. Bonifacius kam in diese Gegend. 
Er wußte, daß das Volk diesen Baum für unverletzlich hielt, 
und beschloß, die Heiden von der Nichtigkeit dieses Glaubens 
zu überführen; denn er selbst — so erklärte er — werde die 
Axt an beit Baum legen, und der Donnergott werde dieses Hei¬ 
ligthum nicht schützen. Bonifaeius mit seinen Begleitern thaten 
dieß, und die Zuschauer warteten, daß die beleidigte Gottheit 
alsbald die Frevler strafen werde. Als aber der Stamm sich 
zur Erde zu neigen begann und dann, wie auf wunderbare Weise, 
in vier Theile gespalten, auf dem Boden lag, erkannten die Ver¬ 
sammelten die Ohnmacht ihrer Götter, wendeten sich dem allmäch¬ 
tigen Gotte, welchen Bonifacius ihnen verkündete, zu, und ließen 
sich taufen. Aus dem Holze des gefällten Stammes ließ Boni¬ 
facius ein Kirchlein bauen. Mit gleich günstigem Erfolge machte 
er auch der Verehrung anderer Götter ein Ende und breitete 
immer mehr das Christenthum aus. Auch ließ er, da sein Werk 
so erfolgreich war, noch andere Lehrer aus England kommen, 
gründete Kirchen, errichtete Bisthümer nnd stiftete eine Menge 
Klöster.*) Die Mönche in den Klöstern wurden zum Fleiße an¬ 
gehalten. Sie beschäftigten sich entweder mit Lesen und erwei¬ 
terten dadurch ihre Kenntnisse, die sie nun Andern mittheilen 
konnten, oder sie schrieben alte Handschriften ab — denn damals 
war die Kunst, Bücher zu drucken, noch nicht erfunden — oder 
sie schrieben die Geschichte der Länder und Völker und die Tha¬ 
ten der Heiligen auf, oder sie rodeten die unnützen Wälder aus 
und machten den Boden weit umher zum Ackerbau geschickt; kurz 
sie wurden auf mancherlei Weise den Völkern nützlich und waren 
in dieser Zeit ein wahrer Segen des Landes. 
In der Folge begab sich Bonifacius nach Baiern, um 
hier das Christenthum thcils zu verkündigen, theils die schon 
bekehrten Christen, die doch oft noch sehr heidnisch lebten, auf 
einen bessern Weg zu bringen. 
*) Das erste Kloster, welches er in Deutschland baute, hieß „AmauabergÜ 
d. h. Burg au der Ohm (Nebenfluß der Lahn).
	        
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