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Es tönt nur noch die Glocke mit dumpfem Schlage bang.
Jetzt sprengt geweihtes Wasser der Priester aus die Bahr'
Und für die Seele betet noch still der Mönche Schaar.
Dann ziehn sie dumpfen Schrittes, das Kreuz- vor ihnen her.
Im Fackelschein von dannen, öd' wird die Kirch' und leer.
Und drinnen weilt, im Sarge, allein der Mönch und wacht
Und harret auf das Ende der langen Erdennacht.
So liegt er manche Stunde inbrünstig im Gebet,
Vom Bild des Grab's umflossen, das offen vor ihm steht.
Und als die Brüder kamen, da goß sein bleiches Licht
Des Todes Hauch dem Dulder auf's düstre Angesicht.
Es naht der helle Morgen, den er so lang ersehnt,
Als in der Nacht der Erde er elend sich gewähnt.
Sein Auge ist gebrochen und endlich still sein Herz,
Das eilt auf freier Schwinge in's Jenseits heimathwärts.
Ferdinand I.
1556—1564.
Nachdem Karl V. die Negierung in allen seinen Staaten nie¬
dergelegt hatte, folgte ihm sein Bruder, der besonnene und ein¬
sichtsvolle Ferdinand, der seit 1531 römischer König war und
im Jahre 1558 erst auf dem Reichstage als Kaiser anerkannt
wurde. Ferdinand, Sohn Philipps I. von Spanien, zeigte milde
Gesinnungen und setzte selbst in seinen Erbstaaten der Ausbreitung
der evangelischen Lehre kein Hinderniß entgegen, sondern ertheilte
gegentheils seinen protestantischen Unterthanen manche Freiheit. So
suchte er auch auf dem Concilium zu Trient die dort Anwesen¬
den zur möglichsten Nachgiebigkeit gegen die Evangelischen zu bewe¬
gen, um den Weg zur Wiedervereinigung in ruhigern Zeiten offen
zu erhalten.
Seine Regierungszeit verfloß im Allgemeinen still und ruhig;
doch legte er durch Aufnahme der Jesuiten den Grund zu gro¬
ßem Unheile.
Ignaz Loyola, ein Spanier, hatte nämlich im Jahre 1540
den Jesuitenorden gestiftet, welcher bald emporkam und der
neuen Kirche großen Abbruch that.
Dazu kam noch die Spaltung der Protestanten in zwei Haupt¬
parteien: die Lutheraner, welche sich -genau an Luther's Lehren