Full text: [Enthaltend Denkwürdigkeiten und Lebensbeschreibungen aus der neuern und neuesten Geschichte] (Theil 4)

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erreichen, daß er den Protestanten, gegen seine Ueberzeugung, be¬ 
deutende Zugeständnisse machte. Dadurch beunruhiget, gewährte 
Rudolph schon im Jahre 1609 den Böhmen in dem berühm¬ 
ten ,,M ajestätsbriefe" völlige Religionsfreiheit. Dennoch aber 
gelang es seinem Bruder Mathias, ihm nach und nach die schon 
oben bezeichneten Länder zu entreißen, so daß ihm nur der leere 
Kaisertitel blieb. 
Tiefgebeugt starb endlich Rudolph, und nun folgte ihm der 
schon bejahrte Mathias auf den Thron. Mit fast nie gesehener 
Pracht wurde er zu Frankfurt, im Beisein fast aller deutschen 
Fürsten, gekrönt (den 24. Juni), nachdem seine Wahl kurz vorher 
(den 13ten Juni) erfolgt war. Mathias hatte allein in seinem 
Gefolge 3000 Personen, 2000 Pferde und 100 sechsspännige Wa¬ 
gen, die andern Fürsten erschienen, nach ihrem Vermögen, mit 
fast gleichem Aufwands. 
Feste folgten auf Feste, eins immer glänzender, als das an¬ 
dere. Jetzt hatte nun Mathias Alles, was er durch die Prote¬ 
stanten überhaupt gewinnen konnte. Bald genug aber zeigte es sich, 
in welch' hohem Grade er den Protestanten abhold war, denn ohne 
Rückhalt sprach er jetzt seinen Haß gegen die Evangelischen dadurch 
aus, daß er in seinen österreichischen Erblanden alle protestantichen 
Kirchen verschließen ließ. Dadurch wuchs die Erbitterung der Par¬ 
teien, und es kam endlich zum Ausbruche des dreißigjährigen 
Krieges, der in Böhmen seinen Anfang nahm (1618), und wäh¬ 
rend der Regierung dreier Kaiser fortgeführt wurde, nämlich ein 
Jahr unter Mathias, 18 Jahre unter Ferdinand II. und 11 
Jahre unter Ferdinand III. Dieser Krieg, hauptsächlich auf Be¬ 
trieb der Jesuiten hervorgerufen, ist das furchtbarste Ereigniß, 
welches auf deutschem Boden gesehen worden ist. Im Laufe des¬ 
selben ist die vorhandene Bevölkerung wahrscheinlich um mehr als 
die Hälfte zusammengesuuken, und es wurden nicht nur Dörfer 
und Städte, sondern auch ganze Länder in Deutschland schrecklich 
heimgesucht und verwüstet. 
Der Aufstand in Böhmen. — Anfang des dreißigjährigen Krieges. 
1618. 
Kaiser Rudolph II. hatte den Protestanten in Böhmen durch
	        
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