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Nach Luther's Tode bestätigte der Kurfürst von Sachsen das
Testament, obgleich es, wie derselbe in der Bestätigungs-Urkunde
d. d. Sonntag Judica 1546 sagt, von Zierlichkeiten und Solenni-
täten, so die Rechte erfordern, mangelhaft war.
Die Kriege KarDs V.
Wir kehren, nachdem der große Reformator von dem Herrn
über Leben und Tod abgerufen worden, noch einmal zurück, und
richten unsere Blicke auf Karl V.
Nach Beendigung des Reichstages zu Worms verließ Karl
Deutschland, und begab sich nach Spanien. Während seiner fast
neunjährigen Abwesenheit konnte sich die neue Lehre ungehindert aus¬
breiten, weil das Wormser Edict nicht zur Ausführung kam.
Wie wir bereits wissen, so stand der Erzherzog Ferdinand,
Karl's Bruder, zu jener Zeit au der Spitze der Reichsverwaltung
in Deutschland, der, um die Angriffe des Sultans Soliman
abzuwehreu, Alles nufbieten mußte; darum vermochte er auch nicht,
den zahlreichen Anhängern Luther's mit Nachdruck entgegen zu tre¬
ten, besonders als er 1526 König von Ungarn geworden war, das
er gegen die Türken zu vertheidigen hatte.
Soliman belagerte 1529 sogar Wien, konnte es aber, beiden:
heldenmüthigen Widerstande der Besatzung, nicht erobern. Dazu
kamen noch andere Ereignisse, durch welche Karl's Thätigkeit von
den deutschen Verhältnissen abgeleukt wurde.
Wir berühren in Kürze die bemerkenswerthesten. Es sind dieß
besonders:
Karl's Kriege gegen Franz I. von Frankreich.
Eine Veranlassung zur feindseligen Stimmung beider Fürsten
lag schon darin, daß Franz das Königreich Neapel ungern in
Karl's Händen sah.*)
Dagegen wünschte Karl dem kriegerischen und ehrgeizigen Kö¬
nige Franz, der schon zu Maximilians Zeiten (1515) Mailand
erobert hatte, dieses wieder abzunehmen. Ueberdieß grollte auch
*) Dieses Königreich gehörte einst dem Hause Anjou, mit welchem Franz
verwandt war.