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furchtbarer Stimme: „Schließt die Thürcn der Halle — macht
die Fenster zu — laßt keinen Fremden sich von seinem Sitze erhe¬
ben, bei Strafe des augenblicklichen Todes!" Dann gegen Lud¬
wig sich wendend, legte er seine Hand langsam und besonnen
an den Griff feiner Waffe, indcß der König, weder Furcht zei¬
gend, noch eine vertheidigende Stellung annehmcnd, bloß sagte:
„Diese Nachrichten, theurer Vetter, haben Euern Verstand gänz¬
lich umnebelt. „Nein — versetzte der Herzog mit einem furcht¬
baren Tone — sie haben nur eine gerechte Rache erweckt. Gift¬
mischer! Empörer gegen deinen Vater, Tyrann deiner Untertha-
nen, verrätherischer Bundesgenosse, meineidiger König, entehrter
Edelmann! Du bist in meiner Gewalt, und ich danke Gott dafür."
Doch noch zögerte der Herzog, männlichen Sinnes, seine
Waffe gegen einen Feind zu ziehen, der keine Art von Widerstand
darbot, welche nur irgend zur Gewaltthat hatte auffordern können.
Untcrdeffcn verbreitete sich in der Halle eine allgemeine Verwir¬
rung. Die französischen Edeln waren, sobald Karl seine drohende
Stellung angenommen hatte, von ihren Sitzen aufgesprungen,
sich anschickcnd zur Vertheidigung ihres Monarchen. Der Herzog,
die Hand am Schwerte, schien entschlossen, das Signal zu einem
allgemeinen Angriffe zu geben, welcher nothwendig mit Ermordung
des schwächeren Theiles sich hätte enden müssen. In diesem Augen¬
blicke aber drängte sich der Graf von Crevecoeur, welcher bei des
Herzoges Hofstaate die Stelle eines Marschalls bekleidete, bis
zwischen seinen Herrn und den Gegenstand seiner Rache, um jenen,
wo möglich, von einer Gcwaltthatigkeit abzuhalten.
„Mein Lehnsherr — sagte er — bedenkt, was Ihr thut,
dies ist Eure Halle! Ihr feyd des Königes Vasall! Verspritzet
nicht das Blut Eures Gastes an Euerm Heerde; um der Ehre
Eures Hauses willen, rächt nicht eine verrätherische That durch
einen noch abscheulicheren Mord." — Der Herzog, von dieser
Rede ergriffen, stand noch eine geraume Zeit, die Augen starr
auf den Boden geheftet da und sagte dann mit bitterem Spotte:
„Ihr habt Recht, Crevecoeur! Die Ehre fordert, daß wir unsere
Verpflichtungen gegen diesen großen König, unfern geehrten Gast,
nicht so schnell aus den Augen setzen, als wir in unserm hefti¬
gen Zorn Anfangs bcschloffcn hatten. Wir wollen so handeln,
daß ganz Europa die Gerechtigkeit unseres Verfahrens anerkennen
soll!" — Hierauf gebot er den anwesenden französischen Edeln,