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des Nachts und verkündeten ihren Anhängern, Gott habe ihnen 
befohlen, in Münster ihre Sendung zu vollenden. Durch allerlei 
schwärmerische Reden vermehrten sie ihre Partei zum Erstaunen 
und brachten sogar den Prediger Rothmann auf ihre Seite. Bei 
einem neuen Versuche des Magistrates, die Ordnung wieder her¬ 
zustellen , liefen die Wiedertäufer zusammen und nahmen den 
Markt ein, währenddessen die Bürger sich eines anderen Platzes, 
Oberwasser genannt, versicherten. So standen beide Parteien 
drei Tage lang in Waffen einander gegenüber, ohne daß jedoch ein 
Theil den Streit anfing. Endlich gingen sie ohne Blutvergießen 
wieder aus einander. 
Bald darauf, als die Wiedertäufer sich auch von außenher 
beträchtlich verstärket hatten, überrumpelten sie in einer Nacht 
das Arsenal und das Rathhaus, zündeten das Mauritiusklostcr 
an, rannten, gleich Besessenen, mit bloßen Schwertern, unter 
gräßlichem Geheule durch die Straßen und schrieen laut: „Thuet 
Buße und lasset euch taufen; sonst wird der Zorn Gottes über 
euch kommen! Ziehet aus, ihr Gottlosen, wofern ihr nicht Alle 
wollet ausgerottec seyn!" — Der Pöbel, durch so viele Reden, 
Gerüchte und Prophezeiungen schon außer sich gesetzt, ward hin¬ 
gerissen von dieser Schwärmerei und ließ sich wirklich umtaufen; 
za, Viele, die nicht aus Ueberzeugung handelten, thaten es doch 
aus Furcht, um nicht gemißhandelt zu werden. Die Häupter 
der Seele sendeten darnach Hirtenbriefe in die benachbarten Ocr- 
Ler und luden Jedermann ein, zu ihnen zu kommen und Alles 
zu verlassen, da es ihnen zehnfach wieder ersetzt werden solle. 
Sie verhießen ihnen, daß sie hier die Reinigkeit der Lehre, die 
Kraft der Prophezeihung und die Gemeinschaft der Güter finden 
würden; welches Letztere vorzüglich die Menschen wie ein Magnet 
heranzog, so daß Viele sich nicht scheueten, Haus und Vaterland, 
Frau und Kinder zu verlassen und nach Münster zu ziehen, woselbst 
sie bei ihrer Ankunft wieder getauft und in die Brüderschaft 
«ufgenommen wurden. Im Anfänge des Jahres 1534 war die 
Stadt so mit diesen Schwärmern angefüllt, daß der Magistrat 
selbst ihnen Platz machte und mit wenigen Vernünftigen die¬ 
selbe verließ. 
Hierauf wählten sie in ihrem Zion, wie sie Münster jetzt 
nannten, einen neuen Magistrat aus ihrer Mitte, der aus zwei 
Bürgermeistern, Berend Knipperdolling und Gerhard
	        
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