— 417 —
Kinder, gemordet. Auch die Mutter des Cardinerls, die betagte
Gräfin von Salisbury, ward zum Tode verurthcilt. Im Be¬
wußtsein ihrer Unschuld und stolz auf ihre königliche Abkunft,
weigerte sie sich, ihr Haupt auf den Block zu legen , schüttelte
ihr graues Haar und lief auf dem Blutgerüste umher, dem
Henker zurufend: „Ich kann ermordet, aber nicht gerichtet
werden!" Dieser verfolgte die Unglückliche und streckte sie,
da er sie mit dem Beile eingeholt hatte, mit vielen Wunden
nieder. — Sie war der letzte Sprößling des Stammes der
Plantageneten, welcher 3oo Jahre lang über England
geherrscht (s. S. 96).
Heinrich, nicht zufrieden, in feinem eigenen Lande die Herr¬
schaft des Papstes abgeworfen zu haben, wollte auch ein Gleiches
in andern Staaten bewirken. Franz I. hatte die meisten Be¬
weise seiner Bekehrungssucht erfahren, und dessen geringe Will¬
fährigkeit nicht wenig zu dem gänzlichen Erkalten der wechselsei¬
tigen Freundschaft beider Monarchen beigetragen. Desto ernst¬
licher war es nun auf Jacob V. von Schottland abgesehen und
der Vorsatz fest gefaßt, nicht eher abzulassen, bis er für seine
Absicht gewonnen sey. Heinrich fing daher an, freundschaftliche
Unterhandlungen mit Jacob zu pflegen, und that ihm am Ende
den Vorschlag einer Zusammenkunft zu Pork, die dieser annahm,
und wozu die Zeit und übrigen Maßnahmen bestimmt wurden»
Jacob war ein biederer Mann, von edlem, unbefangenen Sinne,
aber nichts weniger, als guter Diplomatiker oder Geschäftsführer.
Er war in hohem Grade leidenschaftlich, also auch lenksam und
insbesondere durch gefällige Eindrücke des Wohlwollens zu Allem
zu bewegen. So auch bcurtheilte ihn seine Gemahlin, und des¬
halb war ihr diese Zusammenkunft höchst unangenehm. Selbst
eifrige Papistin und Freundin und Verwandte des französischen
Hofes, hatte sie leicht in besorgender Ahnung die Absichten Hein¬
richs crrathen. Auch war die Einwilligung von Seiten Jacobs
ohne ihr Wissen gegeben; darum bot sie, sobald dieselbe zu ihrer
Kcnntniß gekommen, Alles auf, um ihren Gemahl von der Er¬
füllung seines gegebenen Wortes abzuhalten.
Heinrich begab sich, ohne hiervon das Geringste zu ahnen,
gegen die festgesetzte Zeit nach Pork und ließ, während ec aus
Jacob wartete, durch eine Proclamation bekannt machen, daß
Jedem, dem sein Minister, ohne sein Wissen, Unrecht gethan,
II. 27