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ihrem Gewählt, sowie mit dem unmündigen Kaiser von dem
übermüthigen Biron erdulden müsse, erklärte ihren Entschluß,
denselben verhaften zu lassen, und schloß, daß sic hierbei auf den
Beistand der wackcrn GarLcosfiziere rechne. Zugleich reichte sie
ihnen die Hand zum Kusse, und Alle versprachen einmüthig ihre
Beihülfe. Jetzt wurde sogleich zur Ausführung geschritten.
Münnich ging mit achtzig Bewaffneten nach dem Sommerpalastc,
welchen Biron bewohnte, ließ sie in einer Entfernung von eini¬
gen hundert Schritten Halt machen und schickte sodann seinen
Adjutanten an die dortigen Offiziere der Wache, ihnen den beab¬
sichtigten Sturz des Regenten mitzutheilen. So allgemein war
der Haß gegen denselben, daß auch sie ohne Zögern mit Freuden
beistimmten. Manstein kehrte zu Münnich zurück, erstattete ihm
Bericht, nahm zwanzig Mann der mitgebrachten Soldaten und
gelangte ohne Aufenthalt in den Palast des Herzogs von Kurland.
Jetzt befand er sich in den inneren Gemächern und erblickte viele
Thürcn, ohne zu wissen, durch welche er gehen sollte. Eine
Doppelthür bestimmte ihn endlich, ohne Mühe öffnete er sie
und fand den Herzog nebst seiner Gemahlin tief schlafend. Er
nähert sich und ruft, daß er mit dem Regenten zu sprechen habe.-
Mit einem lauten Schrei erwacht die Herzogin, Biron aber ver¬
läßt eilig sein Lager und sucht sich unter dem Bette zu verbergen.
Manstein merkt seine Absicht, wirft sich über ihn her und ringt
mit ihm. Inzwischen treten die begleitenden Soldaten ein,
gegen welche sich der Herzog mit der Faust wehrt und dagegen
mit Flintenkolben gestoßen wird. Bald aber war er übcrmannt,
man verstopfte ihm den Mund mit einem Tuche, band ihm die
Hände mit der Schärpe eines Offiziers, brachte ihn in die Wacht-
stube, wo man seine Blöße durch einen übergeworfencn Soldaten-
mantcl deckte, lind der Wagen des Marschalls führte ihn unter
Bedeckung nach dem Winterpalaste. Voll Verzweiflung eilte ihm
seine Gemahlin bis auf die Straße nach. Ein Soldat nahm sie
auf die Arme und fragte Manstein, was er mit ihr thun solle.
„Bringe sie zurück in den Palast!" war die Antwort. Das
schien dem Soldaten zu mühsam; er warf sie mitten in den
Schnee nieder und ging seines Weges. In diesem Zustande fand
sie kur; darauf der wachthabende Hauptmann, hob sie auf, ließ
ihr Kleider bringen und geleitete sie in ihr Zimmer zurück. Sic
stammte aus einer kurländifchen Familie Treben, und in die-