232 
/ 
neuen Gegenstände gar keine Verlegenheit gezeigt und die Cere- 
monicn bei der Trauung mit ungemeiner Leichtigkeit verrichtet 
habe. Die darauf folgende Tafel und der Ball waren nach dem 
Ürtheile Aller so prachtvoll, als man sie in Frankreich noch nicht 
gesehen hatte; besonders erblickte man einen unermeßlichen Neich- 
thum an Gold und Diamanten. Die übrigen Lustbarkeiten 
dauerten einen Monat, lind nach dem Glanze derselben hätte man 
Frankreich für das glücklichste Land der Erde halten müssen. — 
Aber das öffentliche Elend war zu groß, als daß es nicht durch 
die prächtigen Feste hätte durchblicken sollen. Schon die Herbei¬ 
schaffung des nöthigen Geldes und der vielen Pferde hatte zu 
widrigen Auftritten Veranlassung gegeben; noch ernstlicher aber 
waren die Begebenheiten, welche der Brodmangel in einigen 
Provinzen hervorbrachte. Man zahlte in einigen Gegenden meh¬ 
rere tausend Menschen, die vor Hunger umgekommen. In Tours 
war das Elend und der Aufstand so fürchterlich, daß der könig¬ 
liche Intendant entfliehen mußte, um nicht ermordet zu werden, 
und der Erzbischof ging nach Versailles, um Abhülfe des Elends 
zu erstehen. Damals war schon die öffentliche Stimme um 
vieles kühner geworden. Denn nachdem man in den Zeitungen 
die Feste und Lustbarkeiten erzählt harte, welche bei der Vermah¬ 
lung Vorkommen würden, erschien eine kleine Schrift, in welcher 
der Vorschlag gemacht ward, die zwanzig Millionen, welche jene 
Festlichkeiten kosten würden, den llnterthanen an den diesjährigen 
Attflagen zu erlassen; an einem solchen Freudenfeste könne der 
redlichste Theil der Nation Antheil nehmen. Damit eine solche 
Stimme nicht zu weit, namentlich nicht von der Prinzessin 
gehört werde, ließ man in die Zeitungen sehen, baß in Nantes 
eine Menge Korn vorräthig, und einige Theurung nur daher ent¬ 
standen sey, weil das üble Wetter und die ausgetretenen Flüsse 
bisher den Transport erschwert hätten. 
Und doch hatte die Dauphine gleich bei den Lustbarkeiten 
Gelegenheit, zu bemerken, daß die Pracht nicht ganz solid sey. 
Die Versailler Gärten sahen, nach der Beschreibung eines der¬ 
zeitigen Geschichtschreibers, an vielen Stellen aus, wie die Gär¬ 
ten eines unter dem Concurse liegenden Schlosses; die Wasser¬ 
künste konnten nicht springen, weil verschiedene Bassins aus- 
getrocknet und der Eanal vom Schlamme verstopft war. Hie 
und da lagen zerbrochene Bildsäulen, die man nicht einmal weg-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.