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wurden erwählet: Kaiser Karl VI., König August II. von
Polen, Czar Peter L, die Generalstaatcu und der Cantón Bern.
Die Taufhandlung ward mit allem Pompe veranstaltet, den der
König so sehr liebte. Der Täufling wurde in Begleitung vieler
Herren und Damen unter einem Himmel nach der Capelle getra¬
gen, wo ihn der König selbst übernahm, der, nebst der Königin,
dem Kronprinzen und dem Fürsten von Dessau, die abwesenden
Palhen vorstellte. Der junge Prinz hatte eine Krone auf dem
Haupte und war in Silberstück, mit Diamanten besetzt, geklei¬
det, dessen Schleppe sechs Gräfinnen trugen. Er erhielt den
Namen Karl Friedrich. — Seine erste Kindheit verlebte der
Prinz unter den Augen einer ehrwürdigen Matrone, der ver-
wittweten Oberst von Rocoules, die auch schon seines Vaters
Gouvernante gewesen war. Es spricht sehr für den Character
dieser Frau, dass sie nicht nur beide so lebhafte königliche Knaben
wahrend ihres Oberhofmeisteramts mit Liebe an sich zu fesseln
gewußt, sondern auch noch Friedrichs, des Mannes, Achtung
bis an ihr Ende behalten bat (gcst. 1741). Von ihr, als einer
geborenen Französin, empfing er die ungemeine Vorliebe für die
französische Sprache und, wie leicht zu denken, auch für die
französische Nation. Im siebenten Jahre ward er der mann-
lieben Erziehung übergeben. Zwei hohe Militairpcrsonen führten,
wie schon im Früheren erwähnt, die besondere Aufsicht über ihn,
aus welcher Wahl man sieht, daß Friedrich Wilhelm dem
Prinzen eine ganz soldatische Erziehung geben wollte. Ein Major
von Senning gab ihm Unterricht in der Mathematik und
besonders in der Festringsbaukunst, und ein Cadet, Christoph
Friedrich von Nanzcl"), unterwies ihn in den Waffcn-
ü'oungen. Ilm seinem Sohne frühzeitig Liebe zu den Waffen
einzusiößen, ließ der Vater über der alcen Hauptwache in Berlin
ein kleines Zeughaus von Stücken und kleinem Gewehr anlegen.
Indesi ward auch Reiten, Fechten und Tanzen nicht vergessen.
Latein sollte Friedrich gar nicht lernen, das Französische und
Deutsche aber so, daß er sich darin eine elegante und kurze
Schreibart angcwöhne **). Der lebhafte Prinz fand an. Allem
*) Er war nicht viel älter, als der Prinz, begleitete ihn in allen Feld¬
zügen und starb als Gencrallieutenant wenige Jahre vor Friedrich.
**) Friedrich erzählte in späteren Jahren zuweilen, daß er in seiner ersten
Jugend einen Lehrer gehabt, der ihn habe in der lateinischen Sprache