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A. Der Vogelsberg.
§4-5
§ 4. Besiedelung. Wegen der geringen Erwerbsmöglichkeiten ist der
Vogelsberg schwach bevölkert. Der Oberwald ist ganz unbewohnt, in seiner
Umgebung und am Nord- und Ostabhang liegen zerstreut kleinere Dörfer, in
den geschützteren Tälern nach 8 und W auch größere dichter beieinander; aber fast
nur an den Rändern des eigentlichen Vogelsberges sind Städte meist von geringer
Bedeutung entstanden: im N an derSchwalm Alsfeld (5) mitKa., Ag., Fa.,Or.,
H.Bmsch., vielen schönen, alten Gebäuden (Bild 12), Webereien, Möbelfabrik- un-
weit Romrod mit großherzoglichem Jagdschloß; im NO an der Lauter Lauter-
bach (4,3) mitKa., Ag., Fa., h. Bsch., Schloß, Webereien, Steinbrüchen und
Hutfabrik in der Nähe? Schlitz (2,6) an der Schlitz mit Ag., h. Bsch., Schloß,
Webereien; Fulda und Gelnhausen am Südostrand sind preußisch; im S am Seemen¬
bach Büdingen (3,3) mitKa., Ag., Fa., Gy., h. Bmsch., Schloß, alten Stadttoren
und anderen Gebäuden (Bild 13), Glasfabrik, Wollspinnerei, Metallwarenfabrik,
Weinbau und Sandsteinbrüchen; Ortenberg an der Nidder (Ag., Schloß);
im SW Nidda (2,1) an der Nidda (Ag., Fa., h. Bsch., Möbelfabriken), Hungen
an der Horloff (Ag., Fa., h. Bsch., Schloß); Lich (2,7) an der Wetter (Ag., Vor-
seminar, Schloß), die Heimat der Großherzogin Eleonore (in der Nähe das ehe-
malige Kloster Arnsburg mit romanischer Kirchenruine); im W Grünberg (2,2)
(Ag., Fa., h. Bsch., Weberei und Schuhmacherei); im NW Homberg a. d. Ohm
(Ag., Fa., h. Bsch., Schloß). Nur wenige kleinere Städte liegen höher in den
Tälern des Südwestabhanges: Laubach an der Wetter (Ag., Gy., Schloß,
in der Nähe Eisengießerei und chemische Fabrik); Schotten (2,2) an der
Nidda (Ka., Ag., Fa., h. Bsch., Wurstfabriken, Möbelfabrik und Holzschnitzerei);
Gedern an der Nidder (mit Schloß), gleich Schotten durch seine Würste be-
kannt; Hirzenhain mit Eisengießerei; nur als Ag.-Sitze zu erwähnen sind Ulrich-
stein am Nordwestrand des Oberwalds mit Schloßruine und Herbstein im 0.
Die Bewohner des Vogelsberges sind echte Nachkommen der alten Chatten,
mit kräftigen, ausgeprägten Gesichtszügen und starken Gliedern, zäh festhaltend am
Althergebrachten, derb und treuherzig, fleißig und genügsam. Neben der wenig ertrag-
reichen Landwirtschaft betreiben sie vielfach noch gewerbliche Hausarbeit, besonders im
Winter, z. B. Weberei, Holzbearbeitung und Waldarbeit, oder suchen auswärts
Verdienst, früher besonders als Straßenkehrer in Paris. Meist wohnen sie in Fach-
werkhäusern (die oft mit Schindeln verkleidet sind zum Schutz gegen Unwetter), wo
der vordere Teil die Wohnräume, der Hintere die Viehställe, oft auch die Scheune
unter demselben Dach enthält (Bild 34,35). Ihre Mundart wird als „chattisch-fränkische"
bezeichnet und klingt rauh: Der Vuggelsbärgk, der Vuggelsbärgk — iam läiwe
Heasselaand, — wär denn näit loubt ze aller Stond, — doas ias ä Schlächtkopp ausm
Grond, - där dutts aus Uhverstaand!" Im preußischen Schwalmgrund und im Schlitzer-
land haben sich auch alte bunte Trachten erhalten (Bild 38).
§ 5. Verkehrswege. Der strahlenförmige Verlauf der Täler, die alle
nach dem hochgelegenen, menschenleeren Oberwald führen, ist ungünstig für
die Anlage durchgehender Eisenbahnen. Die Hauptverkehrslinien umgehen
daher den Vogelsberg, die wichtigste, Frankfurt - Bebra, ganz außerhalb am
Südo^fuß von Gelnhausen bis Fulda. Die weniger verkehrsreichen Haupt-
bahnen Gießen - Gelnhausen und Gießen — Fulda laufen den Südwest- und
den Nordrand entlang; letztere schneidet aber unter Benutzung der Quertäler
die Rabenau und das Schlitzerland ab. Von beiden gehen die Täler entlang
Nebenbahnen, die als Stichbahnen das Innere erschließen oder jene Bahnen