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der Sache ein anderes Ansehen. Napoleon ließ, wie schon erzählt, 
eine Anzahl aufgegnffcner Nüssen erschießen und die Leichname auf¬ 
knüpfen; was die Scheußlichkeit des Anblicks der Straßen erhöhte, 
ohne dem Nebel Einhalt zu thun. Im Laufe der Nacht vermehr¬ 
ten sich die Feuerstellen. Den 3 6. Morgens wurde das Feuer 
durch einen heftigen Wind fast allgemein. Der Untergang dieser 
unglücklichen Stadt ward nun unvermeidlich. In wenigen Stun¬ 
den gewährte Moskau das Bild eines Flammenmeers, in wel¬ 
chem, vom Sturme gejagt, große Feucrwogcn und Fluthcn 
wirbelnden Rauchs, vermischt mit funkelnden Trümmern, sich 
hin und her walzten. Der Wind war so heftig, daß Stücke von 
brennenden Balken über die Moskwa flogen und auch die Quar¬ 
tiere, die bis jetzt von den Flammen verschont waren, in Brand 
steckten. Die Dächer der Paläste, die Thürme der Kirchen stürz¬ 
ten krachend zusammen. Die unglücklichen Einwohner, von der 
Flamme und dem Rauche aus den Kellern, in denen sie sich ver¬ 
borgen hatten, hervorgejagt, durchliefen mit ihren Weibern und 
Kindern die Straßen und erfüllten die Luft mit herzzerreißendem 
Geschrei. Von einer Terrasse des Kreml schaute Napoleon auf 
das schaudererregende Schauspiel. Als der entsetzliche Wirbel sich 
jetzt auf ihn zu walzte und der Palast mitten im Feuerregen stand, 
verließ er am 16. Abends die brennende Stadt und nahm seine 
Wohnung in dem Lustschlosse Petrowskoi, eine halbe Stunde 
außerhalb des Schlagbaums. Das Heer verließ gleichfalls die 
Stadt, die nun der Plünderung und dem Brande prcisge- 
gebcn wurde. 
Der Kaiser verweilte vier Tage zu Pctrowskoi, um das Ende 
des Brandes von Moskau abzuwarten. Als endlich am sechsten 
Tage das Feuer unter Mitwirkung starker Regengüsse nach und 
nach erlosch, waren neun Zehntheile der Häuser zerstört, und der 
Boden mit Asche, mit Schutt und halb verbrannten Leichen von 
Menschen und Thieren bedeckt. Napoleon kehrte nach Moskau 
zurück und bewohnte von neuem den Kreml, der vom Feuer ver¬ 
schont geblieben war. Von hier aus ließ er dem russischen Kaiser 
den Frieden bieten. Allein wenn Alexander auch geneigt gewesen 
wäre, denselben anzunehmen, so wünschten ihn doch der Adel 
und vorzüglich das Heer nicht. Kutusow ließ den General 
Lauriston, den Napoleon mit Friedensantragen nach Peters¬ 
burg gesendet hatte, nicht einmal vor den Kaiser kommen, son-
	        
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