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als plötzlich durch eine Seitcnthür ihr Gemahl hereintrat und 
sich hinter ihren Stuhl stellte. Die Verschworenen, alle bewaff¬ 
net, folgten ihm. Erschrocken fragte die Königin nach der Ur¬ 
sache dieses gewaltsamen Eindringens. Man sagte ihr, sie habe 
nichts für ihre Person zu fürchten; nur der Elende, der dort sitze 
— indem sie auf Nizzio zeigten — solle zu seiner verdienten Be¬ 
strafung gezogen werden. — Der Liebling ahnet seine Gefahr; 
angstvoll springt er auf, fiüchtet zu den Füßen der Königin und 
sieht sie, während er ihr Kleid ergreift, um Hülfe an. Die 
Königin weint, bittet für ihn und droht den Verschworenen. Umsonst. 
Der lang verschlossene Haß wirft sich auf sein Opfer; einer der 
Verschworenen stößt mit dem Degen nach dem Unglücklichen; hier¬ 
auf ersaffen ihn die andern, reißen ihn gewaltsam von der Kö¬ 
nigin los, werfen Alles, was im Wege steht, über den Haufen 
und schleppen den sich Sträubenden in das Vorzimmer, woselbst 
sie ihn mit sechsundfunfzig Stichen und Hieben ermorden "). — 
Maria kam von Thräncn zur Wuth und schwur, diese schänd¬ 
liche That an den Mördern zu rächen; allein zu ohnmächtig 
dazu, wußte sie ihren Plan nur mit Hülfe weiblicher Vcrstel- 
lungskunst auszuführen. Durch heuchlerische Liebkosungen gelang 
cs ihr, ihren schwachen Gemahl zu gewinnen und von seinem 
Anhänge zu trennen. Heinrich ließ sich bewegen, der Verbin¬ 
dung mit Nizzio's Mördern zu entsagen und öffentlich den An- 
thcil an der Ermordung desselben abzuleugnen. Nachdem sie ihn 
auf diese Art der allgemeinen Verachtung genugsam preisgegeben 
glaubte, verstieß sie den Gehaßten und veranlaßte ihre Höflinge, 
ihm mit Geringschätzung zu begegnen. Sie gebar bald darauf 
einen Sohn (19. Juni), der in der Folge unter dem Namen 
Jacob VI. ihr Nachfolger ward. Elisabeth erhielt die Nach¬ 
richt davon auf einem Balle und hörte sie nicht ohne Neid und 
Verdruß. In der That vermehrten sich von jetzt an Mariens 
Anhänger in England von Tage zu Tage; eine glanzende Zu¬ 
kunft schien ihrer zu harren, Elisabeths Stern dagegen, durch 
ihr fortdauerndes Widerstreben gegen eine Vermählung, sich zu 
verdunkeln — als eine unerwartete Begebenheit plötzlich Alles 
änderte. 
I Man zeigt dem Fremden noch jetzt in einem Gemache des Schlosses 
Holyrood zu Edinburgh angebliche Spuren von Nizzio's Blute.
	        
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