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Die Pariser Blut Hochzeit» 
Frankreich war eines der ersten Länder, in welchem sich die 
Reformation von Deutschland und der Schweiz aus verbreitete» 
In kurzer Zeit fand sie unter allen Ständen eine Menge Anhän¬ 
ger, und Tausende huldigten einer Lehre, die ihrem Verstände Licht 
und ihrem Herzen Ruhe gab. Nirgends waren die Gemüthcr 
dazu besser vorbereitet, als in Frankreich. Das Ansehen des Pap¬ 
stes hatte hier mehr, denn in andern Ländern gelitten; die Cultur 
hatte eine größere Reife erlangt, und der Geist war am eine frei¬ 
ere Denkungsart gewöhnt. Daher kam cs, daß allmälig an 
vier Millionen der edelsten, arbeitsamsten und gelehrtesten Fran¬ 
zosen sich zu den Grundsätzen der Reformation bekannten. Wel¬ 
che Trübsale aber mußten diese Bekenner der neuen Lehre erdul¬ 
den! Nirgends wurden sie so grausam verfolgt; nirgends wur¬ 
den um des Glaubens willen so fürchterliche Kriege zwischen Mit¬ 
bürgern geführt; nirgends haben Staatshändcl und Hofranke, 
politische Parteien und herrschsüchtige Große einen so mächtigen 
Einstuß auf den Gang und die Schicksale der Reformation geäu¬ 
ßert, als in Frankreich. 
Unter König Heinrich II. (Sohn Franz I. und Vater 
Franz II.,) glimmte das Feuer nur unter der Asche. Die 
herrschende Kirche hielt die Gegenpartei nicht für so fürch¬ 
terlich, daß man sie mit voller Gewalt vertilgen müsse, und 
diese fühlte sich nicht mächtig genug, um sich Gewaltthätigkciten 
zu widersetzen, die noch einigermaßen zu ertragen waren. 
Nach dem Tode des schwachen Franz II., der nur fünfzehn 
Monate regiert hatte, worauf die Königinmutter, Catharina 
von Medicis, die Regentschaft für ihren minderjährigen Sohn 
Karl IX. übernahm, wurden durch ihre Ränke die Gemüthcr 
erbitterter. Sic, die stolze und herrschsüchtige Italienerin, stif¬ 
tete soviel Böses, daß Frankreich Ursache hatte, jede Stunde 
der sechsundfunfzig Jahre zu verwünschen, die sie darin zubrachke. 
Da unter ihrem Einstuffe die Verfolgungen gegen die Hugenotten 
(s. oben im Abfalle der vereinigten Niederlande Anmerk.) 
immer heftiger wurden, so eilten beide Parteien zu den 
Waffen. An allen Orten brach das Kriegsfeuer aus, und 
die gegenseitigen Streiter griffen einander mit aller der unmensch¬
	        
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