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liehen Wuth an, welche Religions- und Bürgerkriege so furcht¬ 
bar macht, daß sie uns in ihnen kaum noch die Menschheit erken¬ 
nen laßt. Die -Protestanten schändeten die katholischen Kirchen 
und Klöster, verstümmelten die Bilder darin und brandschatzten 
die reichen Priester auf das Härteste. Die Katholiken trieben 
cs bei weitem noch ärger. Die Jahrbücher einzelner französischer 
Städte sind voll von den unmenschlichsten, in dieser Periode 
verübten Grausamkeiten. In Städten, die sich für die Reforma¬ 
tion erklärt, wurden ganze Besatzungen, wenn gleich sie sich erge¬ 
ben hatten, dennoch nicdergehauen, Anführer und Reiche grausam 
gefoltert, Weiber und Mädchen unbarmherzig gemißhandelt, Kin¬ 
der zcrsteischt, Greise langsam zu Tode gemartert. Zu Tours 
ward der Präsident an einen Baum geknüpft, und ihm die Ein¬ 
geweide aus dem Leibe gerissen.' Zu Cast res schindele ein Hen¬ 
kersknecht fünf Männer lebendig und fraß ihre Lebern. Zu Agcn 
wurden fünfhundert aufgehenkt; zu Lahors beinahe ebenso viele 
verbrannt. Zu Lroyes ließ ein Procurator seinen eigenen Sohn 
aufhcnkcn, ein Bruder seine Schwester verbrennen und ihr zuvor 
noch brennenden Speck auf die Haut träufeln. In der ganzen 
Provence hörte man von nichts, als den abscheulichsten Mordge- 
schichtcn und Grausamkeiten, lieber fünfzehnhundert Menschen 
wurden zu Tode gemartert, geblendet, bei den Hai,den oder Fü¬ 
ßen aufgchcnkt, an Pferdeschweifen geschleift, gesteinigt, ja, in 
Kalköfen geworfen, oder lebendig begraben. Die losgelassene 
thierisehe Wuth freute sich ihrer Triumphe, da, außer der Befrie¬ 
digung rachsüchtiger Begierde, noch die Ueberzcugung mitwirkte, 
daß Alles zur Ehre Gottes geschehe. 
Endlich kam ein Religionsfriede zu Stande (8. Aug. 1570), 
der den Hugenotten vortheilhafte Bedingungen zustcherte. Man 
räumte ihnen vier Sicherheitsplätze ein, La Nochelle, La Cha¬ 
rite, M on tauba n und Cognac, in welchen ihnen völlig 
freie Religionsübung gestattet wurde. Sicher und froh legten 
nun die Verfolgten ihre Waffen nieder; die edlen Häupter ihrer 
Partei verabscheuten selbst den Krieg. Aber Catharina, die vor¬ 
nehmste Triebfeder aller klnruhen, welche nur aus Roth Frieden 
geschlossen hatte, war jetzt allein darauf bedacht, die Protestanten 
einzuschläfern, um sie desto sicherer zu verderben. Sie trieb die¬ 
ses System selbst so weit, daß, während der junge König mit 
einer österreichischen Prinzessin, Kaiser Maximilians II. Tochter,
	        
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