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Zur Charakteristik Philipps 51, Königs 
von Spanien. 
Unter keinem Könige hat Spanien eine so wichtige Nolle 
gespielt, unter keinem hat es auf einer so hohen Stufe der Macht 
und des Ansehens gestanden, unter keinem hat es einen so bedeu¬ 
tenden Einfluß auf die europäischen Staaten geübt, als unter 
Philipp II. Er galt nicht nur für den mächtigsten Monar¬ 
chen seiner Zeit, sondern er war es auch in der Wirklichkeit, 
man mag auf die Größe der Länder, oder auf die Kraft der Völ¬ 
ker sehen, welche er beherrschte. Außer dem größten Theile von 
Spanien gehorchten ihm in Europa: Sicilien, Mailand und 
die Niederlande. Von Afrika besaß er den ganzen nördlichen Kü¬ 
stenstrich von Oran bis Tunis, die herrlichen Canarieninseln und 
daS grüne Vorgebirge. Von Asien gehörten ihm die Molucken 
und die Philippinen, sowie die Sunda-Inseln ganz, und von 
Amerika hatten Columbus, Cortez und,Z Pizzaro schon seinen 
Vorfahren einen Theil unterjocht, der größer, als das halbe Eu¬ 
ropa war. 
Dies war die Landcrmasse, über welche Philipp herrschte, 
als er in einem Alter von neunundzwanzig Jahren als König 
auftrat. Mit derselben standen seine Staatskräfte völlig im 
Gleichgewichte. Schon die Niederlande brachten ihrem Beherr¬ 
scher nicht viel weniger ein, als ganz Britannien seinen Königen 
trug, und alle Fürsten Europa's besaßen nicht so viele Reichihü- 
mer, als Philipp allein aus den Goldgruben Amcrika's zog. 
Keine Nation hatte eine Flotte, die der scinigen hätte die Spitze 
bieten können. Seine Armee war die zahlreichste, tapferste, im 
Kriege und Siege gleich erfahrenste und wurde von den besten 
Generalen angeführt. 
Die unbestochene Geschichte hat diesen mächtigen Fürsten 
gerichtet; ihr Urtheil aber ist für ihn nicht günstig ausgefallen. 
Er steht nicht in der Reihe der Regenten, die das Sceptcr zum 
Segen der Völker führten; er erscheint uns in dem abschreckenden 
Bilde eines vollendeten Despoten, einer Geißel der durch ihn 
herabgewürdigtcn Menschheit. Seine Härte, seine Grausam¬ 
keit, seine Mordthaten, die selbst des eigenen Blutes nicht schon¬ 
ten, hinterließen unaustilgbare Spuren. Die Geschichte würde
	        
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