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Dritte Periode.
stammt vorhanden, so folgte der jüngste Sohn dem
Vater in der Regierung und erbte die Herrlichkeit.
Die andern Geschwister wurden von ihm durch eine
Appanage abgefunden. Diese Erbfolge fand auch noch
in spateren Zeiten bei den Herrlichkeiten, ja, zufolge
des alten ostfriefischen Landrechts, sogar bei den Bau¬
erhöfen statt. UebrigenS gingen diese Herrlichkeiten
nach der gesetzlichen Erbfolge nicht bloß auf die männ¬
liche Linie, sondern in Ermangelung derselben auch
auf die weiblichen Nachkommen über.
4.
Gegenseitiges Verhältniß der Häuptlinge.
Ihre Fehden.
Ein trauriges Blatt in der vaterländischen Geschich¬
te füllt überall diese Periode aus. Man kann sie das
Zeitalter der Fehden nennen. Verschwunden
war die alte Freiheit und Sicherheit des Volks, seine
altangestammten Rechte und Gerechtigkeiten waren ein
bloßes Blendwerk geworden, womit man cs bethörte.
Tief gesunken war der in dem goldenen Zeitalter der
Freiheit so sehr gestiegene Wohlstand des Landes und
überall leuchtete die Fackel innerlicher Unruhen und
gegenseitiger Befehdungen der Häuptlinge. Diese klei¬
nen Regenten in den Herrlichkeits-Distrikten hatten
nemlich unter sich durchaus kein politisches Verhaltniß
und waren ganz unabhängig von einander. Es konnte
daher nicht fehlen, daß sie nicht, bei der allgemein
unter ihnen herrschend gewordenen Sucht, ihre Gebiete
zu erweitern und raubsüchtig ihre Hände nach fremdem
Eigcnthum auszustreckm, unter sich in die bittersten
Feindseligkeiten und Zankereien verwickelt wurden. So
befehdete denn einer den andern, unter dem Vorwän¬
de, daß dieser oder jener Häuptling dem Volke seine