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§. 62. Preuße n.
Um's Jahr 1415 wurde der Fürst Friedrich von Hohe «zol¬
le rn, Burggraf von Nürnberg, vom Kaiser zum Churfürsten von
Brandenburg gemacht. Das war ein wackerer Fürst, und ist der
Stamm-Vater des jetzigen königlichen Hauses. Kurz vor dem
dreißigjährigen Krieg bekam das Land einen Zuwachs. Der Chur¬
fürst erhielt die Grafschaften Cle've am Niederrhein, Mark
in Westphalen, und an den Gränzen von Rußland das Herzog¬
thum Preußen. Während jenes Krieges aber wurde das Land
fürchterlich verheert, in der großen Stadt Berlin wohnten zu¬
letzt nur noch 300 Menschen; da that es dem Lande besonders
wohl, daß ihm Gott in seinem Churfürsten Friedrich Wil¬
helm dem Großen einen treuen Vater gegeben hatte. Er schlug
die gefürchteten Schweden bei Fehrbellin, in der Nähe von
Berlin, demüthigte den feindseligen König der Polen, und als
man nun vor dem noch kleinen Lande Achtung haben mußte und
ihn in Ruhe ließ, da wendete er die Zeit sorgfältig an, UM
dem Lande wieder auszuhelfen. Damals vertrieb König Lud¬
wig XIV. die Protestanten aus Frankreich, Friedrich Wilhelm
nahm die Verfolgten gerne auf, und Gott segnete diese Liebe:
Ueber zwanzig tausend.fleißige und geschickte Leute zogen in sein
Land, der sandige Boden Brandenburgs wurde in Ackerfeld und
Gärten umgewandelt, Fabriken wurden angelegt, und viele ge¬
lehrte und ansehnliche Leute mehrten des Landes Nutzen.
Der Sohn dieses werthen Fürsten war ihm nicht gleich.
Er liebte Prunk und Glanz und verschwendete daher viel Geld.
Seine größte Freude war, daß es ihm gelang, den Köuigstitel
führen zu dürfen. Er ließ sich im Jahre 1701 zu Königsberg
mit außerordentlicher Pracht krönen und hieß von da an Fried¬
rich I. König in Preußen. Gott ließ es gescheht:, denn
Er hatte noch Größeres und Besieres für die Zukunft über das
Land beschlossen.
Gleich Friedrichs Sohn, Friedrich Wilhelm I. entriß
durch ernste Sparsamkeit das Land der Noth und Gefahr, in
die seines Vaters Prachtliebe es gestürzt hatte. Er war in sei¬
nen Sitten rauh und streng, aber er fürchtete Gott und diente
ihm aufrichtig. Zu seiner Zeit wurden auch aus den hohen
Salzburger-Bergen vom Bischof von Salzburg die Protestanten
vertrieben. Von diesen nahm er den größten Theil auf und gab
ihnen Länder an der russischen Gränze. So kam ein Segen
von oben über das Land, das der Verfolgter: Zufluchtsstätte
war. — Eine besondere Liebhaberei hatte der König an schön-
gewachsenen, großen Soldaten. Von solchen behielt er sich eine
besondere Schaar, die aber so tüchtig eiuererzirt wurden wie
sonst bei keinem andern Volke. Zum Kriege brauchte er sie we¬
nig, desto wichtiger wurden ihre Dienste dagegen unter seinem