90
§. 65. Die franzosische Revolution.
die es nun noch mit der von Gott vcrordneten'Obrigkeit, also
mit dem Könige hielten, wurden ergriffen, eingesteckt und ent¬
hauptet. Die Scharfrichter konnten mit all den Unglücklichen
nicht mehr fertig werden, die nun hingerichtet wurden, deßhalb
wurde das Fallbeil oder die Guillotine erfunden, um desto mehr
Menschen abfchlachten zn können. Es war aber solch ein Mord¬
geist in die Herzen des verblendeten Volkes gefahren, daß ihnen
das Hinrichten der Einzelnen nicht genug war. Die Verurtheil-
ten wurden daher an mehreren Orten mit einander auf's Feld
geführt, da mit Kartätschenkngeln unter sie geschossen, und dar¬
auf Todte und Halbtodte mit einander begraben. Eine Prin¬
zessin kehrte aus Liebe zur Königin aus Italien nach Paris zu¬
rück. Sie wurde mit einem Knittel todtgefchlagen, ihr abge-
schnittener Kopf auf eine Lanze gesteckt, und, von einer großen
Menge begleitet, nach dem Gefangniß der Königin, getragen.
.Ein abscheulicher Mensch ging dem Zuge voran; in der Hand
hatte er das noch rauchende Herz der Ermordeten, und die Ge¬
därme derselben um seinen entblößten Arm gewunden; — und
die arme Königin mußte das Alles mit ansehen.
Endlich wurde auch Ludwig vor den Rath gefordert, der
das Land beherrschte. Sie hatten beschlossen, ihn zu verderben.
„Ludwig, redeten sie ihn an, Sie sind ein Verbrecher. Verrä-
therischer Weise haben Sie das Vaterland verlassen wollen; Sie
sind des Todes schuldig!" Ludwig vertheidigte sich ruhig, wie
es einem Unschuldigen natürlich und möglich ist, — aber das
half nichts: er wurde zum Tode verurtheilt. Doch hörte
er mit Ergebung in Gottes Willen sein schreckliches Urtheil, und
als er 1703 den 21. Januar in Paris guillotiuirt wurde, da
schied er mit einem ruhigen, vergebenden Herzen aus einem Le¬
ben voll Mühe und Jammer.
Drei viertel Jahre später wurde auch die Königin, eine
Tochter des deutschen Kaisers, erst 37 Jahr alt, zum Tode
verurtheilt, auf einem schlechten Karren nach dem Nichtplatze
gefahren, und ihr dort das vor Kummer graue Haupt abge¬
schlagen. Des Königs Schwester wurde bald danach gleichfalls
hingerichtet, und der Sohn desselben, noch ein Kind, zu einem
harten, trunkenen Schuhmacher gethan, bei dein er in Unrath
fast verging, und bald nachher starb.
Sv traurig ging es allen Mitgliedern der Königsfamilie
und ihren Freunden, die im Lande geblieben waren; und schänd¬
liche Bösewichter herrschten an ihrer Statt. Der schlimmste der¬
selben hieß Robespierre, und die Zeit seiner Regierung die
Schreckensperiode, denn durch Schrecken hielt er sich das
Volk unterwürfig, und die Leute, die sich frei dünkten, gehorch¬
ten bange dein blutdürstigen Tyrannen. Die Sonntage wurden