Full text: Geschichten aus der Geschichte, das ist: Denkwürdigkeiten aus der Weltgeschichte

§. 66. N-evolutionökriege. Nap. Bonaparre. 91 
nun abgeschafft, und statt ihrer bestimmt, daß je den Zehnten 
Tag das Volk sich versammeln und das hohe Glück ihrer Frei¬ 
heit erwägen und gemeinschaftlich besprechen sollte. Endlich be¬ 
schlossen die Bösewichter und machten bekannt: Es giebt kei¬ 
nen Gott i m Himmel, darum soll auch keiner m e h r 
angebetet werden! Die Vernunft'allein ist unser Führer, ist 
unsre Göttin! Und ein liederliches Weibsbild wurde, als Göt¬ 
tin der Vernunft aufgeputzt, im Triumphe durch die Straßen 
geführt, und in der Kirche Nolre dame auf einen Altar vön 
Rasen gestellt. Vor ihr war ein Altar errichtet, und ein Prie¬ 
ster opferte ihr darauf, und das tolle Volk knieete nieder, und 
betete an. (Vor einigen Jahren soll Göttin arm, und blos, 
und wahnsinnig in einem Stalle in Italien gestorben sein.) Aber 
das währte eine kurze Zeit, so gefiel es denn doch dem Robes¬ 
pierre wieder zu verordnen: „Von nun an soll wieder ein Gott 
sein, und in allen Kirchen von ihm gepredigt werden." Aber 
der Herr im Himmel, deß er spottete, hatte ihm und seinen Ver¬ 
brechen ein Ziel gesetzt. Robespierre's frühere Helfershelfer hat¬ 
ten nicht Lust, ihm zu gehorchen, sondern wollten lieber selber" 
regieren. Und da sie sich nun vor des Mächtigen Zorn und 
Blutdurst fürchteten, kamen sie ihm zuvor, und steckten ihn mit 
seinen Anhängern in's Gefängniß. Robespierre merkte zu gut, 
daß es nun mit ihm aus sei, und wollte doch nicht unter der 
Guillotine sterben, sondern sich lieber erschießen. Der Schuß 
fehlte aber und zerschmetterte blos den Kinnbacken. Und als 
nun der schreckliche Mann am folgenden Tage mit zwei und 
zwanzig seiner Genossen auf elenden Karren nach der Richtstätte 
hingefahren wurde, und jedermann mit Entsetzen sein zerrissenes 
Gesicht und die blutbesieckte Brust erblickte, da mochte vielleicht 
wohl dieser oder jener für seine Seele beten, aber erkannte zu¬ 
gleich auch das Strafgericht des heiligen Gottes. 
Mit Robespierre hörte die Schreckenszeit in Frankreich auf, 
und eine ruhigere, wenigstens etwas bessere Zeit begann. 
§. 66. Die Revolutionskriege. — Napoleon 
B o n a p a r t e. 
Nicht nur Frankreich wurde von der schrecklichen Revolution 
erschüttert, sondern auch für den größten Theil von Europa 
gab es jetzt eine Zeit der Trübsale und allerlei Veränderungen. 
Gott züchtigte die Völker durch die Franzosen. Das fing so au: 
Als in Paris die unglückliche Königsfamilie iw Gefängnisse 
schmachtete, nahmen sich 'natürlicherweise die andern Fürsten 
ihrer an. Oesterreicher und Preußen drangen iu's Land, um 
die Schreckenömänner zur Besinnung zu bringen, und den König
	        
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