Full text: Deutsche Gedichte für den Geschichtsunterricht

3 
- 4* Die Schlacht bei Zülpich.*) 
1. Chlodewia, der Frankenkönig, sah in Zülpichs heißer Schlacht, 
Daß die Allemannen siegten' durch der Volkszahl Uebermacht. 
2. Plötzlich aus des Kampfs Gedränge hebt er sich auf stolzem Roß, 
Und man sah ihn herrlich ragen vor den Edeln, vor dem Troß. 
3. Beide Arme, beide Hände hält er hoch empor zum Schwur, 
Ruft mit seiner Eisenstimme, daß es durch die Reihen fuhr: 
4. „Gott der Christen, Gott am Kreuze, Gott, den mein Gemahl verehrt, 
So du bist ein Gott der Schlachten, der Dm Schrecken niedersährt, 
5. Hilf mir dieses Volk bezwingen, gieb den Sieg in meine Hand, 
Daß der Franken Macht erkennen muß des Rheins, des Neckars Strom: 
6. Sieh, so will ich an dich glauben, Kirchen und Kapellen bau'n 
Und die edeln Franken lehren, keinem Gott als dir vertraun." 
7. Sprach es, und aus Wolken leuchtend bricht der Sonne voller Strahl, 
Frischer Muth belebt die Herzen, füllt des schwachen Häufleins Zahl. 
8. Chlodwig selbst ergriff das Banner, trug es durch der Feinde Reih'n, 
Und die' Franken, siegesmuthig, stürzten jauchzend hinterdrein. 
9. Schreck ergreift der Feinde Rotten, feige werden sie und flieh'n, 
Al? ihr Kriegsruhm ist erloschen, ihre Macht und Freiheit hin. 
10. König Chlodwig läßt sich taufen und sein edles Volk zugleich, 
lind ob allen deutschen Stämmen mächtig wird der Franken Reich. 
11. Wenn sie einst den Gott verlassen, der bei Zülpich Sieg verlieh', 
Ist den Allemannen wieder Macht gegeben über-'sie. 
K. Simrock (geb. 1802). 
l) Sie geschah im Jahre 496 n. Chr. 
L) Zülpich, das alte Tolbiacum, log wahrscheinlich zwischen Bonn und Jülich. 
5. Pipin 
1. Pipin der Kurze war nicht groß, 
Doch Karls des Großen Vater. 
In aller Weise fehlerlos, 
Ein treuer Volksberather. 
2. Der beste Held im Frankenreich, 
Der Kirche Wohlgefallen, 
In Weisheit nur sich selber gleich, 
An Tapferkeit vor Allen. 
3. Wer nicht geboren auf dem Thron, 
Doch für den Thron geboren! 
Zum Herrschen war des Hamvlers 
Sohn 
Von Gottes Gnad' erkoren. 
4. Papst Zacharias sprach dies Wort: 
«Des Königs Würd' und Namen 
Gebührt der Völker starkem Hort!" 
Und alle Welt sprach: Amen! 
5. Doch unser Held, der Kurze, schien 
Zu klein manch' kleinen Geistern, 
Die maßen mit den Augen ihn 
Und hatten viel zu meistern. 
6. Deß schwieg der Held, und ritterlich 
Sinnt er, den Höhn zu dämpfen. 
Und lädst zum Spiele männiglich, 
Wo wilde Thiere kämpfen. 
der Kurze. 
7. Schon eilt das Volk herbei mit 
Drang, 
Die stolzen Großen alle, 
Sie nahen beim Trompetenklang 
Mit lautem Waffenschalle. 
8. Still sitzt Pipin, gedankenschwer, 
Wie nahend Ungewitter 
Wirft er nur Blitze um sich her — 
Da rauscht herab das Gitter. 
9. Ein grimmer Leu, ein wilder Stier, 
Die stürzen in die Schranken, 
Begegnen sich mit Kampfbegier, 
Und Keiner wollte wanken. 
10. Jetzt aber reißt des Leuen Zahn 
Den Ur in dem Genicke 
Und reißt ihn nieder auf dem Plan, 
Blut, Feu'r und Wuth im Blicke. 
11. „Wer ist von Euch," so fragt Pipin 
Und blitzte durch die Reihen, — 
„Wer ist von Euch so stark und kühn, 
Entreißt die Beut' dem Leuen?" 
12. Da machen große Augen zwar 
Ringsum die großen Leute; 
Doch Jeder bebt vor der Gefahr, 
Und Keiner will zum Streite. 
1*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.