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[§36]
Anwendung beklagt. Die Revision gegen landgerichtliche Urteile
1. Instanz (vgl. unter a) hat beim Reichsgericht, bez. bei rein
preußischen Gesetzen beim Kammergericht zu erfolgen, bei Urteilen,
in denen das Landgericht als 2. Instanz spricht, bei den Oberland¬
gerichten. Beschwerde kann nur gegen Beschlüsse und Verfügungen
aber nicht gegen Urteile des Gerichts erhoben werden. Die Wieder¬
aufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil geschlossenen Verfahrens
ist nur bei grober Rechtsverletzung und bei Herbeischaffung neuen
Beweismaterials möglich. Das Verfahren bei Ordnungsstrafen, sowie
die Strafvollstreckung wurde schon oben berührt.
Im Gegensatz zur Strafverfolgung des Strafprozesses hat der
Privatprozeß nur die Ausgabe, die Wahrheit und den Sachverhalt
soweit festzustellen, als es aus den Anträgen und den Vorträgen
der Parteien hervorgeht; der Richter darf von Amtswegen nichts
ermitteln, sondern hat sich auf das von diesen beigebrachte Material
zu beschränken, und allein aus Grund dessen das Urteil zu fällen;
darum ist auch der Privatprozeß nur ein Mittel der Rechts¬
begründung, d. h. des Nachweises bestimmter zukommender Rechte,
aber nicht wie der Strafprozeß Rechtsschutz. Erst bei der etwa
notwendig werdenden Zwangsvollstreckung tritt Rechtsschutz ein.
Ebenso steht es den Parteien zu, den Prozeß zeitweilig ruhen zu
lassen, oder ihn jederzeit durch Anerkenntnis des anderen Rechts,
Vergleich oder Verzicht zu beenden. Grundlegend ist für das Ver¬
fahren die Zivilprozeßordnung. Die Parteien stehen als Kläger und
Beklagter gegenüber; prozeßsähig sind alle männlichen und weiblichen
großjährigen sowie die juristischen Personen. Der Verlauf ist im
allgemeinen: Einreichung der Klageschrift. Zustellung der Klage,
Schriftwechsel der Parteien (event. Klagebeantwortung), mündliche
Verhandlung, Urteil. Namentlich der Schriftwechsel bildet in Form
der vorbereitenden Schriftsätze (Anträge, Angaben über die tatsäch¬
lichen Verhältnisse, Erklärungen über die Behauptungen des Gegners,
Bezeichnung der Beweismittel) die Vorbereitung für die mündliche
Verhandlung. Neben den beim Strafprozeß üblichen Beweismitteln
spielt der Eid des Klägers bez. des Beklagten eine große Rolle.
Die Urteile erfolgen als Zwischenurteil, durch das ein selbständiger
Teil des Streites erledigt wird, als Versäumnisurteil, durch das der
nicht erschienene Kläger abgewiesen, der nicht erschienene Beklagte
verurteilt wird, und endlich als Endurteil, das den ganzen Prozeß
beendet. Nur unter besonderen Umständen kann bei Versäumnis
der Prozeßverhandlung oder von Fristen die sog. Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand erfolgen. Die Rechtsmittel sind die gleichen
wie im Strafprozeß. Die Vollstreckung muß, sofern der Verurteilte
sich nicht freiwillig den Folgen des Urteil unterwirft, in Form der
Zwangsvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher erfolgen; als vor¬
läufige Sicherungsmaßregel kann der dingliche oder auch der persönliche