Full text: Geschichte der Reformation

66 Noch vcrschiednc Ursachen und Folgen 
und dergleichen. Man lehrte, daß die Heiligen einen Uebcr- 
fiuß von guten Werken hatten, daß diese andern armen Sün¬ 
dern zu gute kamen, und der Papst darüber der Schatzmeister 
sey. Da der Schatz jedoch nicht für unermeßlich gehalten wurde, 
so mißbrauchte man die Lehre von dem unendlichen Verdienste 
Jesu, und aus diesem Schatz konnte man bald für einige gut¬ 
scheinende Handlungen oder auch für Geld zu einem wirkli¬ 
chen oder vermeinten guten Zwecke Ablaß für seine Sünden 
und Hoffnung zur SeliMit erlangen. 
Die Lehre von dem -Fegfeuer, vielleicht erst nur die 
Meinung eines einzelnen Christen, der sich den Uebergang 
von der Erde zum Himmel leichter erklären wellte, wurde 
schon gegen das Jahr 600 Kirchenlehre, so wenig sie auch 
in der Bibel gegründet ist; denn die Stellen, worauf man 
sich berief, 2 Macc. 12, 38. Offenb. Ioh. 21, 27. beson¬ 
ders 1 Cor. 5, ir>. passen gar nicht hierher. Ein Mönch 
wollte gar das Fegfeuer gesehen haben, und ein Papst be¬ 
hauptete, man müsse dort besonders das unmäßige Lachen 
und Schwatzen abbüßen. Man bestärkte sich in diesem Glau¬ 
ben durch die Erzählungen von Tobten, die wieder erschienen 
wären, und bestimmte die Christen zu allerhand Werken, 
welche die Verstorbenen aus dein Fegfeuer erlösen sollten. 
Dazu gehörte besonders die Messe. Es war mit der 
Feier des heiligen Abendmahls eine gar große Veränderung 
vorgefallen. Die ersten Christen nahmen oft daran Th eil, 
ohne Zeitbestimmung. Nach dem Jahr 600 wurden jedoch 
schon Verordnungen nöthig, daß es jährlich wenigstens drei¬ 
mal, späterhin, daß cs wenigstens einmal von Jedem sollte 
gefeiert werden. Als diese Feier öffentlich in der Kirche be¬ 
gangen wurde, so geschähe sie nach dem gewöhnlichen Got¬ 
tesdienst; der Kirchendiener rief: Its, missa est concio; 
Geht, die Versammlung ist geschlossen; worauf diejenigen 
sich entfernten, welche keinen Antheil daran nahmen. Davon 
bckain nun die ganze Handlung den Namen oder Messe. 
Man hatte in dem Abendmahl freilich schon frühzeitig etwas 
Unbegreifliches mtb Geheimnisvolles gesucht und es als Sühn¬ 
opfer betrachtet; allein die Kirchenlehrer hatten sich so ver-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.