Der Anfang dcr Reformation. 12 7
einem gar viel höher» Schutze als wie der Kurfürst gebe»
kann. Und wenn cs neun Tage eitel Herzoge George regnete
und jeder wäre noch neunfach wüthender als dieser, so wollte
ich doch nach Leipzig hinein reiten." In Wittenberg predigte
er nun sieben Tage hinter einander, aber mit ungemeiner
Mäßigung, und man sieht daraus, wie schonend er war, wo
er mehr Jrrthum, als Bosheit sähe. Diese Vorträge und
sein persönliches Ansehen stellten die Ruhe bald her, was
Melanchthons sanfter Geist nicht vermocht hatte.
1622 vollendete Luther die Uebersetzung des neuen Te¬
staments, die begierig gelesen wurde und womit nun auch
oft Ungelehrte den katholischen Priestern zu schaffen machten,
wenn diese die' päpstlichen Satzungen vertheidigen wollten.
Seit dem Jahr i6o4 fugte er die Uebersetzung des Alten Te¬
staments stückweise hinzu, und im I. »534^wurde die ganze
Bibel in deutscher Sprache gedruckt. Gab es auch vorher
schon deutsche Bibeln, so waren sie doch theils höchst fehler¬
haft, theils in dem schlechtesten Deutsch, theils sehr selten
vorhanden. Ist man nun gleich nach 5oo Jahren in der
KenntNiß der alten Sprachen und der Länder, wo die Bibel
niedergeschrieben wurde, ungemein fortgeschritten; hat auch
unsre Muttersprache eine weit höhere Ausbildung erhalten,
so hält man doch mit allem Recht Luthers Bibelübersetzung
noch immer für ein großes Meisterwerk; und man muß er¬
staunen, wie ein Mann, der die Bibel erst in-seinem zwan¬
zigsten Jahre kennen lernte, unfern Unterricht und unsre
Hülfsmittel noch nicht hatte, der durch eine unermeßliche
Menge von Arbeiten, Sorgen und Lasten beschwert war,
dennoch in den allermeisten Stellen so richtig und kräftig
übersetzte, daß noch jetzt Millionen Christen diese Uebersetzung
zu ihrer Erbauung und zur Belehrung in dem, was Allen zu
wissen nothwendig ist, lesen können und sie daher mit Recht
ihr Ansehen in unserer Kirche erhält. Es ist lehrreich, die
Uebersctzungen, welche besonders in neuerer Zeit gelehrte
Männer, theils mit einzelnen Büchern, theils nu't der gan¬
zen heiligen Schrift versucht haben, zu vergleichen und zu H
finden, daß sie in den Hauptsachen immer mit einander und