Full text: Geschichte der Reformation

in den, achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert. 265 
gißt man jedoch auf der andern Seite auch nicht, welche 
grculvolle Zeiten es waren, als die elenden Schwächlinge im 
abendländischen und morgenländischen Reiche herrschten, die 
nun auch gebieten wollten, wie man lehren, predigen und 
glauben solle; wie nun der eine Regent die Lehre des Arius, 
der andere die des Athanasius anzunehmen befahl, wie die 
eine Partei empor kam und die Gegner bis auf den Tod ver¬ 
folgte, dort aber durch gleiche Grausamkeiten unterdrückt 
wurde; wie die Bischöfe und Lehrer, die heute noch Alles 
galten, morgen von dem neuen Regenten abgesetzt und ver¬ 
jagt, wie dadurch alle Gemüther irre gemacht, viele Bi¬ 
schöfe und Hoflcute Heuchler wurden und mit dem Wechsel 
des Regenten auch ihr Glaubensbekenntniß änderten, und 
was sonst für Nebel aus diesen weltlichen Befehlen und Ver¬ 
boten in kirchlichen Angelegenheiten entstanden; wie selbst 
unter den Protestanten, am knrsachsischen und andern Höfen 
die an sich gutgesinnten Regenten sich doch ans gutgemeinten 
Eifer verleiten ließen, unchrisiliche, beklagenswcrthe Gcwalt- 
schritte gegen Andersdenkende zu thun; so ergiebt sich, daß 
cs auch nicht wohlgethan sey, wenn die weltliche Staatsge¬ 
walt da, wo es eigne Ueberzcugung und Freiheit des Ge¬ 
wissens gilt, Vorschriften machen will, zumal da cs treffen 
kann, daß das Oberhaupt der Regierung sich wohl gar zu 
einer andern Religion oder Kirche bekennt H. In Rom ist 
die geistliche und weltliche Macht in einer Hand, aber 
können Fürsten und Völker sich ein solches Regiment wün¬ 
schen? Die Reformirten gingen mehr auf die Einrichtun¬ 
gen in der ersten christlichen Kirche zurück, als nämlich die 
heidnischen Regenten sich um die christliche Gemeine gar nicht 
weiter bekümmerten, sie duldeten, wenn sie ihnen nicht ge¬ 
fährlich schien, oder sie verfolgten, wenn sie gegen dieselbe 
eingenommen waren. Die Christen richteten sich ein nach 
*) So wollten die wechselnden Kurfürsten von der Pfalz ihre Un- 
terthanen erst zum Lutherthuine, von diesem zu dem Calvinismns, 
dann wieder zum Lutherthume, dann wieder znm Calvinismns und 
nachher wieder zum Katholizismus zwingen. Wie unchristlich l
	        
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