286 Blicke auf den Zustand der protestantischen Kirche
dem Vedürfniß und nach den Mitteln, die sie hatten; die
Apostel und ihre Nachfolger hatten natürlich dabei den grö߬
ten Einfluß, aber auch die Gemeinen hatten ihren Antheil
durch ihre Aeltcsten (Presbyteren) und Alles war begreifli¬
cherweise in den Kirchen und bei dem Gottesdienste weit ein¬
facher, als nachdem die Kaiser und andre angesehene Herren
diese Gebäude oft verschwenderisch schmückten, aber dafür
auch in der Kirche mehr befehlen wollten; die Ceremonien
und Auszüge sich mehrten, und bei den Lehrern mehr Pracht
und das Bestreben auch durch das Äußerliche sich in Ansehen
zu setzen, überhand nahm. Diese presbyteranische Ver¬
fassung, nach welcher geistliche und weltliche Vorsteher die
Kirchenangelegcnheiten leiten und besorgen, es versteht sich,
unter der Oberaufsicht, Genehmigung und dem Schutze des
Staates, der die Zwecke und die Mittel einer solchen Gesell¬
schaft kennen muß, gilt noch jetzt in der reformirten Kirche, ob¬
gleich mit mancherlei Verschiedenheiten. Die Lutheraner
waren bei ihrer Reformation durch ihre edcln Fürsten und
Obrigkeiten mittelbar und unmittelbar so sehr unterstützt
worden, diese Regenten wagten ihre Würden, ja Leib und
Leben an die Kirchenverbesserung und lebten so ganz für sie,
daß man sie ohne Bedenken auch als die Oberhäupter der
Kirche ansahe. Und sie bedienten sich dieses Rechts mit der
größten Weisheit. Wie sie in weltlichen Angelegenheiten die
Sachverständigen befragten, so übertrugen sie die neuen nö-
thigcn Einrichtungen da, wo man reformircn wollte, ihren
geachtetsicn Theologen, legten es ihnen aber ernstlich ans
Herz, zu bedenken, wie viel für die Fürsten und Unterthanen
auf jedem Vorschritt, wie z. B. die Uebergabe der Augsbur-
gischen Confession war, beruhe; zogen ihre weltlichen Rathe,
die ja auch protestantische Christen waren, mit bei, z. B.
bei den Schulvisitationen und auf den Reichstagen, und
mäßigten mit ihnen den zuweilen übertriebenen theologischen
Eifer, Die Regenten wurden nun als die fürstlichen Bi¬
schöfe (Sumnras episcopus) angesehen, stifteten aber späterhin
besondere Behörden, unter den Namen der Consistoricn, die
aus geistlichen und weltlichen Mitgliedern bestehen, im Na-