60
Gregorius.
das planvolle, fortgesetzte Streben nach Hoheit und Reich-
thuin, die doch gar zu geringe Sorge für den eigentlichen
Zweck des Christenthums und die wahre Wohlfarth der Ge¬
meinen, und die Mittel, welche'man sich zur Bildung einer
solchen Macht erlaubte, sprechen nicht für eine höhere edlere
Absicht; zufällige nützliche Folgen, welche die Vorsehung
auch selbst aus den Thorheiten der Menschen entstehen laßt,
wird man nicht einem Gregorius zum Verdienste aurechncn.
Wenn auch die Zeit jene Herrschaft begünstigte, so hatten sie
Papst und Bischöffe nicht auf diese Weise benutzen, sondern
als das Salz der Erde, der Faulniß auch moralisch entgegen
arbeiten und eine Religionslehre dazu gebrauchen sollen, wel¬
che in den ersten Jahrhunderten die rohesten Völker durch die
ihr eigne sittliche Kraft besiegte. Auf Gregors schöne Re¬
den und Briefe sollten wir nach den Erfahrungen unserer
Lage nicht viel bauen.
Die Unruhen dauerten auch nach feinem Tode fort, doch
erhielt sich Heinrich noch ziemlich. Aber einer der folgenden
Papste, der ganz in Gregorius Geiste handelte, wiegelte
gewissenlos die Söhne Heinrichs gegen den Vater auf; der
älteste wurde zwar gefangen und starb, aber der zweite, den
sein Vater schon als König angenommen hatte, ließ sich zum
schändlichsten Undank verleiten; er entriß seinem Vater meh¬
rere Städte unter dem Vorwände, er wolle ihn mit dem
heiligen Petrus aussöhnen. Heinrich wurde von Jedermann
verlassen und legte mit Kummer und Thranen die Regierung
nieder. Die rachsüchtigen Päpste verfolgten ihn bis an seinen
Lod, ja auch sogar nachher; sein schändlicher Sohn ließ des
Vaters Körper als den Körper eines Gebannten wieder aus¬
graben, er blieb fünf Jahr in einem Gewölbe unbeerdigt,
bis er endlich vom Banne losgcsprochen und begraben wurde.
Heinrich V. erzwang die Krönung durch ein Kriegsheer,
ging aber doch, da er seines Vaters Schicksal fürchtete, einen
Vergleich ein, wo er das Recht die Bischöffe zu ernennen
verlor und von der Investitur blieb kaum ein Schatten; auch
hing der kaiserliche Statthalter in Rom nun fast ganz von
dem Papste ab, der dem Kaiser im Gedränge viel versprach,