Full text: Alte Geschichte (Theil 1)

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Griechenland. 
heilig. Dieselbige weidet bei Tage an dem Fluß, der von dem Berge 
Lakmon herab durch das Gebiet von Apollonia bei dem Hafen Orikoö 
in das Meer fließt, bei Nacht aber wird sie bewacht von einem der 
durch Reichthum und Geburt ausgezeichnetsten Männer der Stadt, 
der dazu auserwählt worden, immer einer auf ein Jahr. Denn die 
von Apollonia halten gar sehr viel auf diese Heerde, einer Weissagung 
wegen. Sie übernachtet aber in einer Höhle, fern von der Stadt. 
Hier nun wachte einmal jener Euenios, und als er einmal einschlief, 
statt zu wachen, kamen Wölfe in die Höhle und erwürgten von den 
Schafen etwa sechszig Stück. Als Jener das gewahr worden, schwieg 
er still und sagte Keinem etwas davon, denn er war Willens, andere 
zu kaufen und jene zu ersetzen. Aber das entging den Apolloniaten 
nicht, sondern sie erfuhren es, und alsbald führten sie ihn vor Ge¬ 
richt und verurtheilten ihn, daß er, weil er die Wache verschlafen, 
des Gesichts sollte beraubt werden. Und wie sie den Euenios ge¬ 
blendet, alsbald bekamen ihre Heerden keine Jungen, so trug auch 
die Erde keine Frucht. Das war ihnen zu Dodona und Delphi 
geweissaget worden. Darauf fragten sie die Seher um die Ursache 
dieses Unglücks, diese aber sagten ihnen, weil sie ungerechter Weise 
den Wächter der heiligen Schafe, den Euenios, des Gesichtes beraubt, 
denn sie selber hätten die Wölfe hingeschickt, und sie würden nicht 
eher ablassen, jenen zu rächen, bis sie ihm die Genugthuuug dafür 
gegeben, die er selber verlangen und bestimmen würde; wäre das ins 
Werk gerichtet, so würden sie selber dem Euenios eine Gabe geben, 
darum ihn viele Menschen sollten glücklich preisen. Diesen Spruch 
bekamen sie von den Weissagungen. Die Apolloniaten aber hielten es 
geheim und übertrugen es einigen Männern der Stadt, die Sache 
abzumachen. Diese machten es also ab: Euenios saß auf einer Bank, 
und sie gingen hin und setzten sich zu ihm und sprachen mit ihm von 
ganz anderen Dingen, endlich kamen sie dann auf sein Unglück und 
bezeugten ihn: ihr Mitleid darüber. So täuschten sie ihn, und nun 
fragten sie ihn, was er wohl für eine Genugthuuug verlangte, wenn 
die Apolloniaten sich anheischig machen wollten, Genugthuuug dafür 
zu geben. Euenios aber, der da noch nichts von dem Götterspruch 
gehört, sagte, wenn man ihm die Anker gäbe von dem und von dem 
(nun nannte er die Bürger, von denen er wußte, daß sie die beiden 
besten Kabeln hatten in Apollonia) und dazu eine Wohnung, die er 
als die beste in der Stadt kannte, wenn er das bekäme, sagte er, so
	        
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