Full text: Alte Geschichte (Theil 1)

112 
Griechenland. 
weisbar geworden sein, ehe man einem Edelmanne von Solon's 
unparteiischer Weisheit die Ausgleichung der Wirren anvertrauen 
mochte. Er gab Erleichterung im Schuldenwesen, verbesserte das 
Privatrecht durch Abschaffung der Schuldknechtschaft, gab allen Bur¬ 
gern das Recht in der Volksversammlung und in den gewöhnlichen 
Gerichten, die von nun an ans dem Volk hervorgingen, zu stimmen. 
Aber indem er neben dem Adelsrechte ein Recht der Gemeinden 
aufrichtete, fehlte viel, daß er jenes vernichtet hätte. Er verstärkte 
dein Areopag, der sich ans den Unbescholtenen der jährlich abgehenden 
Archonten füllte, sein altes Straf- und Aufsichtsrecht, und daß die 
Archonten-Stellen, und dadurch der Areopag in den Händen der 
Reichen, mithin der Hauptsache nach für jetzt in des Adels Händen 
blieben, war eine der beabsichtigten, nothwendigen Folgen seiner Thei- 
lung des Volks in vier Vermögensklassen, nicht blos die billigere 
Vertheilung der Staatsleistungen und die Steuerfreiheit der Armen. 
Denn nur ein Mitglied der ersten Klasse war zum Archon wählbar, 
und nur wer den drei ersten Klassen angehörte, war wählbar zum 
Mitgliede des Raths, von nun an der Vierhundert. Freilich mußte 
der jährliche Wechsel der Archonten und des Raths, der früher dem 
Demos der Aristokraten gefallen konnte, weil er jedem von ihnen die 
Aussicht, bald einzutreten, gab, jetzt vielmehr ihm Sorge erwecken. 
Denn er kündigte von fern die nahende Demokratie an. 
Die Volksversammlung wählte Archonten und Rathöpersonen aus 
den erlaubten Klassen, und aus allen Klassen ohne Unterschied die 
Geschworenen des Jahres, die jetzt als Appellationshof richteten, 
wenn man von den Archonten an sie ging; die Entscheidung gab, 
wie in Sparta, die einfache Stimmenmehrheit der Versammlung. 
Ihrer Gewalt aber waren scharf bestimmte Gränzen angewiesen. Wie 
sie überhaupt stets unter Vorsitz einer Abtheilung des Senats verhan¬ 
delte, so durfte zwar jeder Bürger ans ein neues Gesetz antragen, 
aber cs kam nicht zur Abstimmung ohne die vorherige Billigung des 
Senats, und auch dann entschied nicht die ganze Volksversammlung 
darüber, sondern ein Ausschuß derselben, lediglich aus denjenigen älte¬ 
ren Bürgern zu erkiesen, welche jit Geschworenen des Jahres erwählt 
waren (Nomotheten, mindestens fünfhundert). Sonach übten Senat 
und Nomotheten die gesetzgebende Gewalt, in sofern der Areopag nicht 
einsprach; die Volksversammlung war auf vorübergehende Beschlüsse 
auf dem Grunde der bestehenden Gesetze beschränkt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.