Full text: Alte Geschichte (Theil 1)

Staatsverfassung tu Rom. 
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mußte wohl das Beste thun; aber als das Staatsgebiet sich ver¬ 
größerte, nahmen die Geschlechter als regierende Gemeinde den meisten 
Zuwachs in ihre ausschließliche Nutzung, genug wenn jedes von seinem 
Antheil den Zehnten in die Staatskasse zu entrichten versprach. Auf 
diesem seinem Staatsacker ließ der Adel zahlreiche Nntergehörige wohnen, 
sei es, daß sie ein Gewerbe betrieben oder ein Paar Joch Landes 
bittweise bauen durften. Nach ihrer Menge maß man die Gewalt 
eines Geschlechtes. Sie selber, die Clienten, wurden in die Geschlechter 
mit hineingezählt, aber blos als dienende Mitglieder, die der Staat 
nur durch ihre gentilen Vertreter kannte. Es fehlte zwar dem Ver¬ 
hältnisse nicht an Würde und Gegenseitigkeit, aber Ausartung in 
Helotismuö lag nahe, nur daß bei der charakteristischen Stärke des 
römischen Familienbandes, tief ausgeprägt in väterlicher Gewalt und 
Ehe, an ein Opfer der Familie, wie Lykurg's Volk es täglich brachte, 
nicht zu denken war. 
Sonst ist die Staatsanlage spartanisch genug. Denn eben so wenig, 
als die Clienten, hatten die freien bürgerlichen Grundbesitzer im wach¬ 
senden römischen Gebiete, Plebejer geheißen, irgend einen Antheil an 
der Regierung. Ihre Familien wohnten in dreißig Bezirken (region68), 
die Bevölkerung jedes Bezirks bildete eine Gemeinde, welche tribus 
hieß, ohne mehr als den Namen mit den patrizischen Geschlechter- 
Tribus gemein zu haben. König Serviuö Tullius gab der Plebs 
diese Eintheilung. Die Gemeinde-Angelegenheiten der Tribus eines 
Bezirks durfte ein Tribun leiten, auch gab ihnen Servius Richter für 
bürgerliche Streitigkeiten, von jeder Tribus selber zu wählen. Ver¬ 
sammlungen sämmtlichcr Tribus hatten, wenn überhaupt gestattet, 
lediglich Gemeinde-Zwecke, keine Bedeutung irgend für den Staat. 
Gleichwohl ist König Servius, soweit die Zeit es zuließ, Rom's 
Solon geworden. Er nahm dem Adel die Regierung nicht, nicht den 
alleinigen Zutritt zu Königthum und Staatsämtern, aber er stellte 
neben ihm eine von der adligen Geburt unabhängige, selbständige 
Macht des Besitzes auf, eine Versammlung der vermögenderen Freien 
im Staate, deren Genehmigung fortan für Gesetze und Wahlen er¬ 
forderlich sein sollte, die mithin ein Nein hatte. Das war der wich¬ 
tige Sinn seiner fünften Klasse der vermögenden Bürger, wenn man 
den Anfang plebejischer Rechte beachtet, iudeß berichtigte sie zugleich 
das bisherige System des Kriegsdienstes und sonstiger Staatsleiftungen. 
Fortan soll der Vermögendere allein mit der Lanze und der kostspieligen
	        
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