Full text: Alte Geschichte (Theil 1)

Tod des Germanicus. 
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Umständen angemessener sei, als allmählig die Flotte herannahete, 
nicht wie gewöhnlich mit munterem Rnderschlag, sondern Alles in 
Traurigkeit versenkt. Als sie mit zwei Kindern, Julia und Casus, 
die Todtenurne im Arm, aus dem Schiffe steigend die Augen auf¬ 
schlug, ertönte Ein allgemeiner Seufzer. Nicht Verwandte, nicht 
Freunde, nicht der Männer oder der Frauen Wehklagen konnte man 
unterscheiden, nur daß die Herbeigekommenen im frischen Schmerz 
lauter weinten, als das durch langen Jammer ermüdete Gefolge der 
Agrippina. 
Der Cäsar hatte zwei prätorische Cohorten entgegen gesandt, mit 
Befehl an die Obrigkeiten Calabrien's, Apulien's und Campanien's, 
dem Andenken seines Sohnes die letzte Ehre zu erweisen. Deshalb 
trugen Tribunen und Centurionen die Asche auf ihren Schultern; 
voran gingen schmucklose Feldzeichen, niedergesenkte Stäbe; wo der 
Weg durch Colonien führte, erschien das Volk schwarzgekleidet, die 
Ritter im Feiergewand; nach jedes Orts Vermögen verbrannte man 
Stoffe, Weihrauch, und was sonst bei Leichenzügen gebräuchlich ist. 
Selbst die Bewohner abgelegener Ortschaften kamen dennoch herbei, 
weiheten Opferthiere und Altäre den Göttern der Unterwelt, und be¬ 
zeugten mit Thränen und Klagegeschrei ihren Schmerz. Drusus kam 
bis nach Terraeina entgegen mit seinem Bruder Claudius und den 
Kindern des Germanicus, die in der Stadt sich aufhielten. Die Con- 
snln Marcus Valerius und Casus Aurelius (denn schon hatten diese 
das Amt angetreten), der Senat und eine große Volksmenge erfüllte 
die Straße, zerstreut und weinend, wie Jedem das Herz eingab; denn 
Schmeichelei war ferne; wußte doch Jedermann, wie übel Tiberius 
es verberge, daß des Germanicus Tod ihn freue. 
Tiberius und Augusta erschienen nicht öffentlich, weil sie es unter 
ihrer Würde achteten, ihre Trauer sehen zu lassen, oder damit nicht, 
wenn Aller Augen ihre Miene ausforschten, die Verstellung dnrchblickt 
würde. Von der Mutter Antonia findet man weder bei den Geschicht¬ 
schreibern, noch in den Tagebüchern (dies war die römische Staats¬ 
zeitung), daß sie an irgend einer Feierlichkeit besondern Antheil ge¬ 
nommen habe, da doch außer Agrippina und Drusus und Claudius 
auch die übrigen Blutsverwandten namentlich aufgeführt sind; sey es, 
daß Krankheit sie hinderte, oder daß ihr von Kummer überwältigtes 
Gemüth die Größe des Verlustes mit Augen anzuschanen nicht ertrug. 
Eher könnte man glauben, Tiberius und Augusta, die nicht von
	        
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