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2. Karl der Große.
(Regiert von 763 bis 814.)
Karls des Großen Vater war Pipin der Kurze.
Er hinterließ seinen beiden Söhnen Karl und Karlomann
ein mächtiges Reich, das sich von Baiern an bis zu den
Alpen und Pyrenäen erstreckte. Drei Jahre lang herrschten
die Brüder ganz ruhig über die Lander, die ihnen vom
Vater waren angewiesen worden, obgleich in immerwahren¬
den Mkßhelligkeiten unter sich. Plötzlich starb aber Kar¬
lomann, und ohne Umstände nahm nun Karl Besitz von
der ganzen fränkischen Monarchie. Zwar hatte Karlomann
eine Witwe und zwei unerzogene Kinder hinterlassen, die
gerechte Ansprüche auf den Thron des Vaters zu haben
schienen; allein Karl kehrte sich nicht daran und benahm
sich überhaupt so unbrüderlich, daß die tiefgebeugte Witwe
besorgen mußte, mit ihren Söhnen in ein Kloster gestoßen
zu werden. Sie entfloh daher mit ihnen nach Ober-Ita¬
lien zu Desiderius, König der Langobarden, der Karln
abhold war, weil er ihm seine Tochter Sabina (Karls
Gemahlin) gleich nach dem ersten Jahr zurückgeschickt und
eine andere geheirathet hatte. — Desiderius nahm die
unglücklichen Flüchtlinge unter seinen Schutz, verlangte die
Salbung der verdrängten Prinzen und die Wiedereinsetzung
in ihr väterliches Erbe. Er wandte sich an Papst Ha¬
drian, der sie einstweilen krönen sollte; die Wiedereinse¬
tzung wollte er dann selbst übernehmen. Allein dem heili¬
gen Vater war an Karls Freundschaft zu viel gelegen,
als daß er es wagen durfte, ihn zu beleidigen. Darob er¬
grimmte der Longobarde, ließ sein Heer gegen Hadrian
ausrücken, nahm ihm das Exarchat (die Statthalterschaft)
Ravenna, auch noch viel andere Städte weg, und machte
Anstalt, sich soga- der Stadt Rom zu bemächtigen. Ver-
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