fullscreen: [Theil 1] (Theil 1)

setzen der beiden Liebenden, bei der Aussicht auf das Schick¬ 
sal, das ihrer zu warten schien. 
Vater Karl entbrannte in großem Zorn, und der Him¬ 
mel weiß, was in der ersten Aufwallung geschehen wäre, — 
hatte er sie Beide vor sich gehabt. Als aber sein Blut et¬ 
was abgekühlt war und nun wieder ansing ruhiger zu 
fließen, betrachtete er das Vergehen seiner Emma mit mil¬ 
dern Augen, und klagte sich selbst an, daß er seinen Töch¬ 
tern aus allzugroßer Liebe und aus Furcht, sie zu verlieren, 
noch keine Männer gegeben hatte. Bei diesem Gedanken 
schmolz sein Herz. Er entschuldigte ihre Verirrung; er konnte 
sich nicht entschließen, sie zu entehren, sie mit dem Mann ih¬ 
rer Liebe in ein Kloster zu verstoßen, sich selbst mit ihnen un¬ 
glücklich zu machen, da es doch nur von ihm abhing, ihnen 
in seinem Pallast einen Himmel zu öffnen. — Dies bedachte 
Karl, ließ am folgenden Morgen das zitternde Paar rufen, 
machte ihnen milde Vorwürfe, daß sie ihn nicht zum Vertrau¬ 
ten ihrer Liebe gemacht hatten, legte vor dem ganzen Hof ihre 
Hände in einander, und gab ihnen statt des erwarteten Fluchs 
seinen väterlichen Segen. — Als sie nun vor ihm niedersan¬ 
ken und mit Thranen des Danks und der Rührung seine 
Hände beträufelten, da füllten sich seine eigenen Augen mit 
Thränen und sein Vaterherz schwamm in niegefühlter Wonne. 
Nach Karls Tode (814) verließ Eginhard den Hof, 
um seine übrigen Tage in einem Kloster zuzubringen, das 
er zu Seligenstadt, einem Städtchen am Main, zwi¬ 
schen Hanau und Aschaffenburg gestiftet hatte, und beschrieb 
da in der Einsamkeit seiner Zelle das merkwürdige Leben sei¬ 
nes Wohlthaters, ein Werk, das bis auf uns gekommen ist. 
Er starb erst zwei und zwanzig Jahre nach ihm. Emma 
ließ sich an seiner Seite begraben, und noch bis auf diesen 
Tag wird in jenem Städtchen die Gruft des liebenden Paa¬ 
res dem Wanderer gezeigt. '
	        
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