204 VII. Ztr. Bom westph. Fried, bis jetzt. 1648 — 1823.
zu verdoppeln, und mit demselben Heere, bald hier bald
dort gegenwärtig, die Gegner nach einander zu schlagen.
Daher beschloß er zunächst alle Kraft gegen Oestrcich, als
den Haupt-Feind, zu sammeln, und das Königreich Preu¬
ßen nur durch 14,000 Mann, unter dem alten Feldmarschall
Lehwald, gegen die Russen verthcidigen zu lassen. Gegen
die Schweden blieben ihm gar nur 4000 Mann zum Schütze
Berlins übrig; aber den Schweden war es, zu Preußens
Glücke, nicht recht Ernst mit dem Kriege.
Die Schlacht bei ssraF. 6. May 1767 — Maria
Theresia hatte, aus besonderer Vorliebe, den Bruder ihres
Gemahls, den, von Friedrich schon zweimal geschlagenen,
Prinzen Karl von Lothringen zum Oberfeldherrn der
kaiserlichen Heere gemacht, und der erfahrnere, großsin-
irigere Brown sollte unter ihm dienen. Das war dem Kö¬
nige ein großer Gewinn. Brown hatte den rechten Rath
gegeben, den Preußen rasch im Angriffe zuvorzukommen, m
Sachsen und Schlesien einzudringen, und so den Krieg von
den kaiserlichen Erbländern abzuwenden. Aber Karl von
Lothringen, obwohl sonst oft so vorschnell, zögerte dieses-
mahl, zog den Vertheidtgungskricg vor und wollte noch
erst viel Macht an sich ziehen. So wünschte cs Friedrich;
er wußte den Prinzen in dem Glauben zu bestärken, daß er,
in Betracht so vieler mächtiger Feinde, selbst «ur auf Ver-
thcidigung denke, und plötzlich, als jener sicher war, bra.
chen die preußischen Heere, in vier Zügen, gleich vier rei¬
ßenden Bcrgströmen, über die Gebirge nach Böhmen hinein,
nahmen alle Dorräthe der Kaiserlichen, die nun ihnen selbst
auf mehrere Monate Unterhalt gaben, und vereinigten sich,
zur festgesetzten Stunde, am Morgen des 6. May, in der
Nahe von Prag. Das war die Rettung Friedrichs und der
Ruhm seiner Heere, daß, was sein Verstand entworfen,
mit bewundernswerther Genauigkeit und Ordnung ausge¬
führt wurde, und daß sein Geist aufsolche Weise einen treff¬
lich gebildeten Körper, mtt kräftigen Gliedmaßen, zu seinem
Dienste fand.
Der Prinz von Lothringen, eilig seine Haufen zusam¬
menraffend, hatte eine sehr"feste, verschanzte Stellung auf
den Bergen bei Prag genommen; er hielt sich dort vor je¬
dem Angriff sicher. Aber Friedrich, dem jede Stunde ver¬
loren schien, welche die Entscheidung noch verzögerte, wollte
sogleich, als man den Gegner zu Gesicht bekam, die Schlacht,
und sein Liebling, der kühne. Alle überfliegende General
Winterfeld, bestärkte ihn in dem Vorsatze. Dieser ritt
ans, die Stellung des Feindes zu erkunden, und glaubte
dessen rechten Flügel als leicht angreifbar gefunden zu ha-