Das Zeitalter Friedrichs des Großen. 245 
und hebt die Kraft eines Staates zu so hoher Stufe, weil 
in ihren Formen die Stimme der Aufgeklärtesten im Volke 
auf gesetzmäßigem Wege laut werden, und jeder, den 
Einsicht und tüchtiger Wille treiben, ohne Staatsbeamter 
zu seyn, sein Vaterland mit bcrathen helfen kann. 
Solche Ansichten und Grundsätze waren dem damaligen 
Zeitalter, welches sich von dem einfachen Gange der Natur 
entfernt hatte, und den klügelnden Verstand über alles setzte, 
verborgen. Die Festigkeit eines Staates,'welche in 
dem freudigen Zusammenwirken Aller für ein, 
über Alles geliebtes, Vaterland liegG snchte 
diese Zeit in den Formen; diese setzt sie an die Stelle des 
Wesens, und machte ihr Staatsgebäude zu einem seelenlo¬ 
sen Räderwerke. In Friedrichs klarer, fester Seele, wür¬ 
den die großartiger» Ansichten des Staates, wenn die Zeit 
sie nicht gehegt hätte, sicher Raum gefunden haben; aber 
von selbst erfand er sie nicht, weil er die Kraft in sich fühlte, 
allein zu herrschen, und den starken Willen, sein Volk durch 
sich allein glücklich und groß zu machen. Dadurch mußte 
ibm auch die Stärke des Staates in den Mitteln zu liegen 
scheinen, welche in der Hand eines Einzigen die schnellsten 
und wirksamsten sind, in dem Heere und in dem Schatze. 
Sein hauptsächliches Streben ging auf eine solche Verwal- 
rung seiner Länder, daß ihr Wohlstand die größtmögliche Ver¬ 
mehrung dieser beiden Stützendes Staates, wie er sie da¬ 
für hielt, gestattete. Ja er wählte oft die Mittel dazu nur 
nach ihrer Wirksamkeit, ohne Rücksicht auf ihren Einfluß 
auf die Stimmung und die Sittlichkeit des Volkes. Ein fran¬ 
zösischer Generalpächter, Helvetins, wurde im Jahre 
1764 nach Berlin gerufen, um über die Vermehrung der 
Staatseinkünfte seinen Rath zu enheilen; und auf dessen 
Wort wurden Einrichtungen getroffen, welche dem Volke 
bei ihrer Einführung sehr gehässig waren und viele zum 
Betrüge gegen den Staat verleiteten, mit dem sie sich doch 
ganz Eins hatten fühlen müssen. Aber die Einkünfte des 
Schatzes vermehrten sich durch diese und andere Mittel au¬ 
ßerordentlich. 
Friedrichs Rechtfertigung ist dabei, daß er solche Sorge 
nicht für sich übte; sondern für das Ganze; und zwei¬ 
tens, — wir müssen es noch einmal widerholen, — daß 
die großen Jrrthümer seiner Zeit seinen Blick gefangen hiel¬ 
ten. Wie hätte sein Heller Geist ein besseres Licht in sich 
aufnehmen können, wenn er in einer Zeit wahrer gei¬ 
stiger Freiheit gelebt hätte! Die Freiheit des Geistes war 
ihm lieb, und die öffentliche Stimme vernahm er gern; sein 
Volk genoß unter ihm einer vollen Preßfreiheit, und sogar 
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