266 VII. Ztr. Dom westph. Fried, bis jetzt 1648 — 1823.
Günstlinge gemacht, ihn mit der verwittweten Fürstin
Iosephine von Beauharnoiö vermählt, und erdob ihn jetzt
zumObergenerak in Italien. Es wareine gefährliche Stelle;
das dortige Heer war in großer Unordnung, ohne Unter¬
halt und Kleidung, soger ohne Geschütz; nur in der Hand
eines kühnen Feldherr» konnte eine solche Lage vielleicht zu
desto glänzcnderm Siege benutzt werden, weil die Krieger
nur die Wahl zwischen Sieg oder Untergang vor sich sahen.
Buonapartc wußte bald eine unerhörte (Gewalt über die
Gemüther seiner Schaaren zu gewinnen; sein kühner Sinn
theilte sich ihnen mit. Das war die Seele seiner Kriegs¬
kunst, durch welche er bald den Gedanken fassen konnte,
ein Welteroberer zu werden. Er verstand es, durch Pro¬
klamationen in altrömischcr Kürze imö Kraft, dem franzö¬
sischen Wesen ganz angepaßt, durch Erthcilnng von Ehren¬
zeichen, von Fahnen und Adler, an die Haufen, welche er
nun sogleich in der Schlacht an den gefährlichsten Platz stel¬
len wollte, und durch andere ähnliche Mittel des Ehrgeizes,
im Augenblicke der Entscheidung die höchste Begeisterung zu
erzeugen. Er wagte es, den Ausgang der Schlachten vor¬
herzuverkündigen, und das Glück machte seine Worte wahr;
bald glaubte man, was er vorhergesagt, und weil cs ge¬
glaubt wurde, so geschah es. Seine Gegner brachte vor¬
züglich dieses aus der Fassung, daß er niemals that, was
vorausznsehen und zu berechnen war, sondern nur das Un¬
erwartetste und Verwegenste. Daher waren die Erfahrungen
der Kriegskunst gegen ihn verloren, ein Vertbeidigungskrieg
mußte gegen ihn mißlingen, weil der Schlag immer schon ge¬
schehen war, ehe er nur bemerkt werden konnte; und zum
Angriffe ließ er den Gegner nicht kommen, weil keiner so
schnell in seinen Entschlüssen war, als er.
Der Anfang seines Feldzuges war gleich ein glanzendes
Gelingen. Durch rasche Züge und Angriffe trennte er das
Heer der Sardinier von den Oestreichern und zwang den
König von Sardinien zum besonder» Frieden. Dann
drängte er die Obstreicher an die Nordseite des P o zurück,
so daß ihm ganz Mittel-Italien offen stand und alle dortige
Fürsten vor seiner Rache zitterten. Sie boten nach einan¬
der den Frieden an und erhielten ihn für viele Millionen
Geldes, für Gemälde und andere Kunstschätze und kostbare
Handschriften. Mit diesen Sachen sollte Paris, die künf¬
tige Hauptstadt der Welt, geschmückt werden. Der Herzog
von Parma war der erste, der eine Anzahl seltener Gemälde
durch den Vertrag vom 9. Mai als Kaufpreis des Friedens
ansliefern mußte; von diesem Tage an wurde das alte
Beispiel Roms gegen Griechenland allenthalben wiederholt.