72 Vk-Ztr. Karl V'bis zum we-stph. Fried. 1520-1648. 
begierig aufgefaßt und in aller Welt nachgesprochen 
wurde. Durch dieses Eine Wort, wenn es ge¬ 
glaubt wurde, mußte selbst der Religionseifer der 
Katholiken überwältigt werden, daß sie dem Kaiser 
kaum den Sieg über die Gegner wünschen durf¬ 
ten. Und dieser schien sogleich durch' eine rasche 
That die Beschuldigung zu bestätigen, welche ihm 
eben gemacht war. Als ihm das Schreiben der 
Bundesobersten gebracht wurde, nahm er es nicht 
einmahl in die Hand, sondern beantwortete es 
auf der Stelle durch eine Ach t se r klä ru n g der 
beiden Fürsten von Sachsen und Hessen. Er wirft 
ihnen darin jeglichen Ungehorsam gegen das kai¬ 
serliche Wort und die Absicht vor, „ihm Krone 
und Scepter und alle Gewalt zu nehmen und an 
sich zu bringen und am Ende jedermann unter 
ihre Tyrannei zu zwingen." Er nennt sie Rebel¬ 
len , Meineidige und Hochverrather. So hart ist 
hinwiederum sein Wort gegen das ihrige, und sy 
ist es die Art der tiefbewegten Zeitalter, daß in 
der Hitze des Streites bald ein jeglicher mit allen 
Waffen, auch denen der Worte, dem Gegner das 
Feld abzugewrnnen sucht; denn nicht zu berechnen 
ist in solcher Zeit die Gewalt der öffentlichen Mei¬ 
nung für den, der sie festzuhalten weiß. Der Kai¬ 
ser hatte in diesem letzten Schritte die alten 
Rechte des Reiches verletzt, nach welchen eS nicht 
ihm allein, ohne ein Fürstengericht, zukam, die 
Acht gegen einen Reichsstand zu erklären. Aber 
dennoch ist die, so oft gegen ihn wiederholte, Be¬ 
schuldigung zu hart, als habe er rm Sinne ge¬ 
habt, die ganze teutsche Verfassung über den Hau¬ 
fen zu stoßen und sich zum alleinigen Herrn zu machen. 
Dagegen redet zu vieles in seinem Leben; und 
Karl beherrschte einen so großen Kreis der Staa¬ 
ten und hattte so mächtige Gegner in Europa, 
daß er kaum hoffen durfte, auf Teutschland so an¬ 
haltende und alleinige Sorge wenden zu können, 
wie die Durchführung eines solchen Planes for¬ 
derte. Sein Scharfblick zeigte ihm genugsam, 
daß er etwas Unmögliches unternehmen würde,
	        
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