40 Zweiter Zeitraum. Von der Bildung eines selbständigen deutschen Reiches bis 1056.
Besetzung des päpstlichen Stuhles wieder an sich gerissen. Otto II.
zog nach Rom, schickte Crescentms in ein Kloster und schaffte wieder
Ordnung. Dann wandte er sich nach dem Süden, um seine An¬
sprüche aus Apulien und Kalabrien zur Geltung zu bringen.
Zur Abwehr dieses Angriffes verbanden sich die Griechen mit den
Arabern (Sarazenen), die sich von ©teilten aus auch an vielen Punkten
Unteritaliens festgesetzt hatten. Otto drang siegreich in Kalabrien vor;
aber südlich von Cotrone, an der Meeresküste, fiel das deutsche
Heer in einen Hinterhalt der Araber und wurde fast vollständig ver¬
nichtet (982). Der Kaiser rettete sich schwimmend auf ein Schiff,
das ihn zu den Seimgen brachte. Aus die Kunde von dieser schweren
Niederlage erhoben sich die Wenden, vernichteten Christentum und
Deutschtum rechts von der Elbe und behaupteten ihre Freiheit und
ihre heidnische Religion. Von der Nachricht dieses Aufstandes tief er¬
schüttert, starb Otto II. zu Rom, wo er in der Peterskirche beige¬
setzt wurde.
4. Ltto III. 983-1002.
Vormundschaftliche Regierung. Ottos II. Nachfolger war
sein Sohn, der dreijährige Otto III. Sogleich bemächtigte sich Heinrich
der Zänker von Bayerns der Person des jungen Königs in der
Absicht, die Krone an sich zu bringen. Aber durch den Einfluß der
Geistlichen wurde Heinrich gezwungen, den jungen König an seine
Mutter Theophano und seine Großmutter Adelheid auszuliefern, doch
erhielt er Bayern, welches ihm unter Otto II. abgesprochen war, zu¬
rück. Theophano wurde Vormünderin ihres Sohnes und Reichs¬
verweserin. Der hochbegabte Otto III. empfing durch seine Gro߬
mutter und Mutter sowie durch den gelehrten Erzbischos Gerbert
von Reims eine in jener Zeit bei Fürsten ungewöhnlich gelehrte
Bildung, so daß der kaiserliche Knabe bald als „das Wunder der
Welt" galt.
Die Kaiserpolitik Ottos III. Früh trat bei Otto eine Vor¬
liebe für fremdes byzantinisch-römisches Wesen und Verachtung und
Abneigung gegen deutsche Art hervor. Er trug sich sogar mit dem
Gedanken eines christlichen Weltreichs und wollte Rom zur festen
Kaiserresidenz erheben. Fünfzehn Jahre alt, übernahm der junge
König selbst die Regierung und zog sofort über die Alpen. Um Rom
und den päpstlichen Stuhl aus den Händen des römischen Adels zu
befreien, setzte er einen nahen Verwandten, Gregor V., als Papst
ein. Es war der erste Deutsche, der aus dem päpstlichen
Stuhle saß. Kaum hatte aber Otto nach seiner Kaiserkrönung die
Stadt verlassen, so bemächtigte sich wieder ein Adliger, Namens Cres-
eentius, der Herrschaft in Rom und setzte einen Gegenpapst ein.
1) Sieh die 3. Geschlechtstafel am Ende des Buches.