Object: Von Friedrich dem Großen bis auf die neueste Zeit (Teil 4)

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Richter sollten in ihrem Urteilsspruche ganz unabhängig sein, den Staat, 
wo er Partei war, nicht begünstigen, auch keine Rücksicht auf Befehle 
nehmen, die aus dem Kabiuet des Königs kamen. Seit der Zeit gab es 
„Richter in Berlin" (Sage vom Müller zu Sanssouci). Das Bestreben, 
dem Armen gegen den Reichen zu Recht zu verhelfen, verleitete den 
König wohl zu einer falschen Entscheidung (Müller Arnoldscher Prozeß). 
Auch in der Verwaltung unterstützte Friedrich den gemeinen Mann eifrig; 
er hielt darauf, daß dem Bauern die Hofetage nicht willkürlich vermehrt, 
daß die wüsten Hofstätten wieder mit Bauern besetzt wurden. Der 
Landbau war auch ihm eine Hauptsäule der Staatswohlfahrt. Er 
huldigte dem Grundsätze des Vaters, daß das Geld im Lande bleiben 
müsse, erschwerte die Einfuhr fremder Erzeugnisse durch Zölle und be¬ 
förderte das heimische Gewerbe. Er zog geschickte Arbeiter aus der 
Fremde herbei uud legte Fabriken an. So gedieh die Wollweberei nnd 
Metallarbeit; Eisenwerkftätten lieferten Gewehre, Kanonen, Harnische, 
Kugeln. Salzwerke wurden angelegt; der Seidenbau faud durch An¬ 
pflanzung von Maulbeerbäumen Förderung. 
Oderbruch, Netze- und Warthebruch. Nördlich von der Ein¬ 
mündung der Warthe floß die Oder früher in drei Seiten eines Vierecks 
bei Wrietzen und Freienwalde vorbei. Das Innere dieses Vierecks war 
durch die Überflutungen des Stromes in einen Sumpf verwandelt, in dem 
nicht einmal Futter für das Vieh gedieh, dagegen Wasser- und Sumpftiere 
in großer Menge lebten. Schon Friedrich Wilhelm hatte die Ent¬ 
wässerung des Oderbruches in das Auge gefaßt, sie aber dem Nachfolger 
überlassen. Dieser ließ nun die Terrainverhältnisse durch Messung fest¬ 
stellen und Anschläge machen. Der im Wasserbauwesen erfahrene Petri, 
unterstützt durch den Mathematiker Euler, entwarf den Plan. In der 
vierten Seite des Vierecks wurde ein Kanal gezogen, in den zahlreiche 
Nebenkanäle führten, und durch eine Verwaltung geschützt. Das Wasser 
ergoß sich nun in diesen Kanal in solcher Stärke, daß es denselben zum Haupt¬ 
strome auswühlte. Es entstand so die neue Oder. Der Stromlauf war 
für die Schiffahrt bedeutend verkürzt; durch die Entfumpfung aber ein 
weites und äußerst fruchtbares Landgebiet erobert. Als Friedrich den 
Netzdistrikt gewonnen hatte, ließ er auch die Netze- und Warthebrüche ent¬ 
wässern. Das so gewonnene Land wurde meist an Bauern verschenkt, 
und bald blühten in der früheren Einöde zahlreiche Dörfer auf. 
Brenkenhof, welcher diese Entwässerungen und Besiedelungen leitete, grub 
im Aufträge des Königs den Bromberger Kanal, um Weichsel und Oder 
zu verbinden. Der Finowkanal führte von dieser zur Havel, der Plauer 
weiter zur Elbe. Friedrich ließ auch die Swine, die Odermündung, 
welche auf dem kürzesten Wege zum Meere führt, ausbaggern und für 
große Seeschiffe fahrbar machen; er legte die Hafenstadt Swinemünde an. 
Die Zahl der Einwohner des Landes (5 300 000) und ihre Wohlhabenheit
	        
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