Die Reformation.
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lung des feudalistischen Adels, in welcher demselben, wo nöthig,
möglich war, mit den Waffen dem Königthume entgegenzutreten,
auf. Seitdem das Feuergewehr erfunden worden, vermag kein
Edler mehr in seiner Burg dem Königthume zu trotzen; vor dem
Gekrach der Kanonen stürzen auch feste Mauern zusammen. Die
Macht des Adels ist auch dadurch gebrochen worden, daß die
Städte neben ihm so bedeutend geworden, daß die Landbewohner
ihm, in einem großen Theile wenigstens des romanischen und des
germanischen Europas, nicht mehr in demselben Maße unterworfen
sind. Die Freiheit kann gegen das Streben nach uneingeschränkter
Alleingewalt nicht mehr von dem Adel geschützt werden, obwohl er
für den Forterhalt dieser Freiheit immer noch eine wichtige und be¬
deutende Stelle behauptet. Es ist allmälig in dem romanischen und
germanischen Europa ein freies Volk entstanden, aus den Bürgern
der Städte, aus den freien Bauerschaften bestehend. Die neuere
Zeit unterscheidet sich von dem Mittelalter dadurch, daß an der
Stelle des feudalistischen Adels, der diesem Kampfe nicht mehr ge¬
wachsen ist, und der demselben immer weniger gewachsen wird, je
weiter die Zeit verläuft, mehr das Volk gegen die imperatorische
Gewalt auftrat. Doch ist das Handeln des Volks gegen die im-
peratorische Gewalt unter den meisten Völkern ein weit weniger
kräftiges als das Entgegenstreben des feudalistischen Adels gewesen.
Das republikanische Element scheint an Kraft zu verlieren, je weiter
es sich ausdehnt.
Es werden sich in Europa zwei Ansichten, zwei Doctrinen
über den Staat entgegentreten. Die eine wird sagen, daß zum
Wohle der Menschen selbst die Gewalt der Fürsten auf Erden eine
unbedingte sein müsse. Dieser Ansicht hängen selbst die Reforma¬
toren des sechszehnten Jahrhunderts und besonders Luther an.
Die Obrigkeit ist von Gott, nur Gott verantwortlich, daher muß
ihr jedermann unterthan sein und es giebt kein Recht gegen sie, kaum
das Recht, einen Angriff, welchen sie thut, abzuwehrcn, selbst wenn
dieser Angriff auf den Glauben und auf das Gewissen erfolgt.
Doch begehren die Reformatoren, daß die fürstliche Macht, welche
sie unter der Obrigkeit verstehen, sich auf einen christlichen Boden
stelle, nur den Lehren des Christenthums gemäß handele.
Es wird zwar schon an dem Anfänge der neuern Zeit die Doc-
trin von der Volksgewalt verkündet, aber die Welt hat einen mäch¬
tigen Zug zur Steigerung der fürstlichen Gewalt. Die Macht des
feudalistischen Adels ist schon an dem Ende des Mittelalters gebro¬
chen. .Das Feuergewehr und die stehenden Heere, mit denen be¬
reits der Anfang gemacht worden, brechen sie immer mehr zusam¬