Rudolf n. 427
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schloß die Stadt eine Zeitlang ein; allein die heranrückenden
Baiern und Mangel des Soldes trieben sein Heer auseinander.
Dieser Johann Casimir von der Pfalz war ein eifriger An¬
hänger seiner Kirche und wollte von dem lutherischen Glauben
nichts wissen, dessen Lehrer er aus seinem Lande trieb. Uebcr-
baupt bat kein Land in Deutschland so traurige Wirkungen des
Partheihasses der Protesianten unter sich erfahren, als das pfäl¬
zische. Der Churfürst Friedrich Hl- war zu der reformirten
Kirche übergetreten. Von seinen beiden Söhnen war der jüngere,
der eben genannte Pfalzgraf Johann Casimir, ebenfalls
reformirt, der ältere aber, der Churfürst Ludwig, war der
augsburgischen Confession so sehr zugethan, daß er dem kalvini-
sehen Hofprediger seines Vaters nicht gestatten wollte, dessen Lei¬
chenpredigt zu halten. Dann wurden den Reformirten allenthal¬
ben ihre Kirchen genommen und Prediger sowohl als Schullehrer
aus dem Lande getrieben. Es sollen ihrer an 200 gewesen seyn.
Als Ludwig jedoch früh starb, und Johann Casimir die Vormund¬
schaft über dessen Sohn Friedrich IV. führte, wendete dieser
die Sache wieder um und begegnete den Lutheranern, wie sein
Bruder den Reformirten gethan hatte; und dem neunjährigen
Friedrich wurde statt des sorgfältig eingeprägten lutherischen Ka¬
techismus der kalvinische mit aller Strenge beigebracht. Dieses
nannte man christlichen Glaubeuseifer! Und durch solchen Eifer
mußte das pfälzische Land binnen 60 Jahren dreimal seine Kirche
ändern, so daß es Anfangs lutherisch, dann reformirt, dann
wieder lutherisch und endlich wieder reformirt wurde.
Kein Wunder, wenn die alte Kirche das Recht zu gleichem
Verfahren gegen die neue zu haben glaubte, da diese so gegen
sich selbst eiferte. In der That folgte auch aus der kölnischen
Streitsache bald eine ähnliche in der Stadt Straßburg, wohin
sich Gebhard mit drei gleichfalls protestantischen Domherren ge¬
wendet hatte; und die Stadt D onauwertb, die bis dahin freie
Reichsstadt gewesen und größtentheils protestantisch geworden war,
kam der Religionsspaltung wegen sogar in die Reichsacht und
dadurch 1607 in die Hände des Herzogs von Baiern, der die
Acht gegen sie vollzog.
Das uneinigste und zerrissenste deutsche Land-war aber in
Kaiser Rudolfs Zeit das östreichische selbst. Marimilian II.
hatte den protestantischen Ständen Religionsfreiheit gestattet, und
hatte ihnen selbst durch einen Rostockischen Theologen David Chy-
träus eine Kirchenordnung verfertigen lassen; da er jedoch ihren
Gottesdienst von seiner Hauptstadt Wien ausschließen wollte, gab
er ihnen einige Kirchen in der Nähe der Stadt auf dem Lande.
Ihre Zahl nahm Jbalb außerordentlich zu; einige ihrer Lehrer, be¬
sonders ein gewisier Opitius, eiferten mit unwürdiger Heftigkeit
gegen jeden Andersdenkenden, die Klagen wurden immer lauter,
und Rudolf, welcher ebenfalls partheiischen Rathgebern folgte,
ging gleich so weit, daß er ihnen die vorher gestatteten Kirä-en