Full text: Die allgemeine Geschichte für Gymnasien und ähnliche Schulen

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Und warum lesen wir die Geschichte? 3ft wo ein Mensch, welcher 
nicht vielmal der Seimgen gedenkt, ihrer. Freuden und Leiden; der das Gute 
vergessen möchte, das sie ihm gethan, des Erbtheils, das sie ihm Hinter¬ 
sassen haben? Und sie sind ja alle uns verwandt, die vor Jahrtausenden 
auf der Erde wandelten, die seit Jahrtausenden nun die Erde deckt, sie sind 
unsere Väter und Brüder, so fern wir ja alle Kinder eines Vaters sind. 
Sie haben für uns gearbeitet und ein großes Erbtheil uns übergeben; sie 
haben den Stier angejocht und das Pferd gezäumt; sie haben gelernt den 
Acker zu bauen und aus der Wolle und Flachsfaser Gewänder zu weben; 
sie haben das Schiff erfunden, das uns über die Wogen trägt; sie haben 
Holz und Steine zu Gebäuden gefügt u. s. w. Das ist das Erbtheil, das 
wir von ihnen empfangen'haben, und wenn wir die Namen der Männer 
nicht mehr wissen, welche diese oder jene Erfindung gemacht haben, so ziemt 
es um so mehr, die Namen verdienter Völker dankbar zu bewahren. Viele 
Männer haben int Felde der Wissenschaft mit bewundernswürdigem Fleiße 
und aufopfernder Entsagung gearbeitet; wieder andere haben ihr Leben der 
Wahrheit geopfert; andere sind dem Vaterlande treu geblieben bis in den 
Tod; Könige sind Väter ihrer Völker gewesen, und so treffen wir viele Bei¬ 
spiele des Guten und Edlen, die uns erheben und zur Nacheiferung spornen 
und der ist ein Unwürdiger, der nicht Freudt hat am Guten, und in dem 
diese Freude nicht den Trieb zum Guten erweckt. 
Der Mensch ist es aber nicht allein, welcher die Geschichte macht, es 
ist eine höhere Hand, welche in die Entwicklung der menschlichen Dinge 
hereingreift; wer Augen hat zu sehen und Ohren zu hören, der erkenn: 
Gottes Macht und Größe in der Natur und lernt ihn da fürchten und 
lieben; Gott ist aber nicht blos der Gebieter des Sturms und des Hoch¬ 
gewitters, er waltet auch über dem Donner der Schlacht und dem Toben 
der Völker uitd übt da Gerechtigkeit. Die göttliche Gerechtigkeit wandelt mit 
sichtbaren Schritten durch die ganze Weltgeschichte; nie bleibt die Ungerechtig¬ 
keit der Völker straflos, die Strafe folgt sicher, wenn auch spät, und man 
dürfte vor das erste Blatt der Geschichte schreiben: Lernet Gerechtigkeit, ibr 
Sterblichen, denn ihr seid gewarnt, und vergesset euren Gott nicht! 
Mit dieser Gesinnung, und sie ist die Weihe der Geschichte, die man 
mitbringen muß, um sie noch reichlicher zu enipfangen, treten wir in die
	        
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