fullscreen: Lesebuch für die Oberstufe der evangelischen Volksschulen des Herzogtums Oldenburg

erwiderte der Bauer, „wie kann einer von Glück reden, wenn er alles fort— 
wirft und durchbringt. Ich habe noch kein Geld gesehen, das nicht aus der 
Hand wollte, wenn man es fortgab. Aber das ist eben dein Fehler: du hast 
den Glauben nicht, daß aus dir etwas Rechtes werden könnte, und darum bleibst 
du arm und wirst dem Elende nicht entgehen. Vor allem verstehst du das 
Kapitel aus der Pflichtenlehre nicht, das da vom Dienen handelt, und das 
will ich dich lehren: 
Jeder, der in Dienst tritt, soll den Dienst nicht betrachten als eine 
Sklavenzeit, den Herrn nicht als seinen Feind, sondern als eine Lernzeit und 
den Meister als eine Wohltat Gottes; denn was sollten die Armen, d. h. die, 
welche nur Zeit und Kräfte, also doch eigentlich viel haben, anfangen, wenn 
ihnen niemand Arbeit und Lohn zu geben hättel! Sie sollen die Dienstzeit be— 
trachten als eine Gelegenheit, sich an Arbeit und Emsigkeit zu gewöhnen und 
sich einen guten Namen zu machen unter den Menschen. In dem Maße, als 
sie dem Meister treu sind, sind sie es auch gegen sich selbst, und wie der Meister 
an ihnen gewinnt, gewinnen sie selbst auch. Sie sollen nie glauben, nur der 
Meister ziehe Nutzen aus ihrem Fleiße; sie selbst gewinnen wenigstens eben— 
soviel dabei. Kommen sie auch zu einem schlechten Meister, sie sollen ja nie 
meinen, ihn zu strafen durch schlechte Aufführung; sie tun damit nur sich selbst 
ein Leid an und schaden sich innerlich und äußerlich. Wenn nun so ein Dienst— 
bote immer besser arbeitet, immer treuer und geschickter wird, so ist das sein 
Eigentum, und das kann niemand von ihm nehmen, und dazu besitzt er einen 
guten Namen, die Leute hahen ihn gern, vertrauen ihm viel an, und die Welt 
steht ihm offen. Er mag vornehmen, was er will, er findet gute Leute, die 
ihm helfen, weil sein guter Name der beste Bürge für ihn ist. Man achte doch 
nur darauf, welche Dienstboten man rühmt, die treuen oder die untreuen? Man 
gebe acht, welche unter ihnen zu Ehre und Ansehen kommen. Endlich will der 
Mensch Freude haben, besonders in der Jugendzeit. Haßt nun der Dienstbote 
seinen Dienst und ist ihm die Arbeit zuwider, so muß er eine besondere Freude 
suchen. Er fängt daher an zu laufen, zu schwärmen, sich mit schlechten Sachen 
abzugeben und hat daran seine Freude, denkt Tag und Nacht daran. Ist aber 
einem Knecht oder einer Magd das Licht aufgegangen, daß sie etwas werden 
möchten, und der Glaube gekommen, daß sie etwas werden könnten, so lieben 
sie die Arbeit, haben Freude daran, etwas zu lernen und etwas recht zu machen 
Freude, wenn ihnen etwas gelingt, wenn das wächst, was sie gesäet, fett wird, 
was sie gefüttert; sie sagen nie: „Was frage ich danach? Was geht das mich an? 
Ich habe ja nichts davon.“ Ja, sie haben eine eigentliche Lust daran, etwas 
Üngewohntes zu verrichten, etwas Schweres zu unternehmen; dadurch wachsen 
die Kräfte am besten, dadurch machen sie sich die besten Namen. So haben sie 
auch Freude an des Herrn Sache, seinen Pferden, seinen Kühen, seinem Korn, 
seinem Gras, als ob es ihnen gehörte. Woran man Freude hat, daran denkt 
man auch; wo man den Schatz hat, da hat man auch das Herz. Hat nun der 
Dienstbote seinen Dienst im Kopf, erfüllt ihn der Trieb, vor Gott und Menschen 
ein recht tüchtiger Mensch zu werden, so hat das Böse wenig Gewalt über ihn, 
kann ihm nicht böse Gelüste eingeben, an die er Tag und Nacht denkt, sodaß 
er keinen Sinn für die Arbeit hat, und die ihn noch von einem Laster zum 
andern ziehen und äußerlich verderben.“ 
Ulĩ blieb jetzt die Antwort schuldig. Aber er glaubte seinem Herrn; nach 
einem Jahr war er aus den Schulden; im zweiten hatte er schon Überschuß, 
den er in die Sparkasse setzte, und hatte doch fortwährend vergnügt gelebt. 
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